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Wasserwerfer auf Menschenjagd

"Siegfried, Conny, ich stehen unter der Hochbahn in der Bülowstr. auf Höhe der Steinmetzstr., als der Wasserwerfer vom Bülowbogen her Richtung Potsdamer Str. auf der rechten Fahrbahn uns entgegenkam (im Schrittempo). Wir gehen Richtung Steinmetzstr. Der Wasserwerfer biegt links ab in die Steinmetzstr. ein und erhöht schlagartig seine Geschwindigkeit. Die Werfer werden ... eingeschaltet und decken die ganze Breite der Fahrbahn ab. Conny und ich laufen und suchen nach einer Schutzmöglichkeit vor den Wasserstrahlen. Als der Werfer nur noch ca. dreißig Meter von uns entfernt war und weiterhin seine hohe Geschwindigkeit beibehielt, haben wir versucht, hinter einem PKW Schutz zu suchen." Was wäre wohl geschehen, wenn nun zufällig kein Schutz bietender PKW in der Nähe gewesen wäre?

Räumung der Liebenwalder Str. (ca. 16 Uhr)

Ein B..., der morgens um zehn Uhr an einer Straßenabsperung im Zusammenhang mit der Räumung der Hermsdorfer Straße seinem unsauberen Berufe nachging, erkennt sechs Stunden später im Zusammenhang mit der Räumung der Liebenwalder Str. eine Frau wieder, mit der er morgens schon verbal aneinander geraten war. Die Frau schreibt: "Ich stand zwischen meinen Fahrrad und der Mauer. Plötzlich hörte ich einen B... rufen: 'Das ist doch die von heute morgen', und erkannte den schon beschriebenen Polizisten wieder. Was danach passierte, weiß ich nicht mehr. Ich hab laut Aussage von Zeugen und der Ärzte Schläge auf den rechten Arm, den Brustkorb, Rücken und das Genick bzw. den Hinterkopf abbekommen." Die nächsten vier Tage verbrachte die Frau im Krankenhaus.

22./23.9.81, Zeit ab Schweigemarsch

Um ca. 19.30 Uhr begann ein Schweigemarsch vom Olivaer Platz zum Savignyplatz, und von dort aus weiter als Spontandemo zur Unfallstelle. Viele setzten sich dann auf die Kreuzung. Eine Teilnehmerin des Schweigemarsches schilderte diese anfängliche Situation so:

"Ich war von Anfang an Teilnehmerin des Schweigemarsches und nachdem ich meine Begleiterin aus den Augen verloren hatte, schloß ich mich einer friedlichen Gruppe an, die singend in größerer Anzahl um den Unglücksort des getöteten Demonstranten saß. Bereits nach kurzer Zeit rasten Polizeiautos wie schon zuvor in rasender Fahrt auf uns zu, und sofort hagelten Tränengasgeschosse, die von in der Hocke sitzenden Polizisten gezielt aus drei bis vier Meter auf uns abgegeben wurden. In Panik und nach Luft ringend rannten wir durcheinander, wurden jedoch von den sitzengebliebenen Demonstranten zum weiteren Verharren ermutigt.

So sangen wir weiter und unterbrachen, wenn Steine von den am äußersten Rand stehenden Demo-Leuten geworfen wurden, mit Sprechchören wie 'Aufhören' oder 'Schmeißt keine Steine'. Dann kamen erneut die Polizisten, diesmal prügelbereit, ließen jedoch davon ab, nachdem wir sie von unserem friedlichen Verhalten überzeugen konnten. Sie fuhren also wieder fort.

Nach kurzer Zeit kam jedoch wieder eine Polizeigruppe, aber diesmal wesentlich aggressiver. Sie packten zugleich eine Teilnehmerin, um sie in die Wanne zu ziehen, als sie den prügelbereiten Herren mit Blumen unsere friedliche Absicht wiederholt demonstrieren wollte. Wir befreiten die Frau und die Polizisten zogen zögernd ab."

 

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