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Interview mit Bodo Thomas (SPD)

Dem ERMITTLUNGSAUSCHUSS sind hunderte von Personen bekannt, die bei polizeilichen Übergriffen z.T. so verprügelt wurden, daß sie auf der Intensivstation behandelt werden mußten. Immer wieder haben zivile Greiftrupps und uniformierte B. wahllos Leute zusammengeschlagen und dabei auch wiederholt für jedermann sichtbar mit Steinen auf Personen geworfen. Der ERMITTLUNGSAUSCHUSS hat den Verletzten immer wieder geraten, Strafanzeige zu erstatten, obwohl die Sache kaum Aussicht auf Erfolg hat. Es ist kein einziger Fall bekanntgeworden, wo ein B. verurteilt oder auch "nur" angeklagt worden wäre. Im Gegenteil, wenn überhaupt Ermittlungen eingeleitet wurden, so wurden die Verfahren nach kurzer Zeit wieder eingestellt. - Kein Wunder, wer könnte einen "grünen" B. auch identifizieren? Darüber hinaus ist auch schon Leuten, die festgenommen wurden und dabei Strafanzeige wegen solcher Verletzungen, die sie bei der Festnahme erlitten hatten, erstatten wollten, ganz offen angedroht worden, sie bekämen sofort eine Gegenanzeige, wenn sie auf ihrer Anzeige bestünden.

Es gibt ohnehin kein staatliches Interesse, gegen die nach "Wild-West"-Manier vorgehenden B. zu ermitteln. Dazu hier einige Ausführungen von Bodo Thomas - Mitglied der SPD-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses -, die er in einem Interview machte. Bodo Thomas gehört zum rechten Flügel der Partei und hat nach eigenen Angaben 10 Jahre für die Belange der Polizei in der Öffentlichkeit geworben (Auszug aus Tonbandprotokoll, soweit B. Th., wörtlich):

"Ich habe selber gesehen, wie die Polizisten, die vor dem Hause Bülowstr. 89 postiert waren, Steine geworfen haben. Was mich am meisten bestürzt, ist die Tatsache, daß alle, mit denen ich gesprochen habe, Vertreter der Polizei, Vertreter des Senators des Inneren, diese Fälle gar nicht abgestritten haben, es wurde einfach gesagt, es ist doch wohl verständlich, die Männer sind überreizt, das müsse man halt in Kauf nehmen." (...)

Frage: Herr Birkenbeul, der Pressesprecher des Innensenators hat mal gesagt, sie werfen die Steine ja nur zurück und buddeln sie jedenfalls nicht aus (...), ist denn da kein Verfolgungsinteresse erkennbar?

B. Thomas: "Das ist ja gerade das, was mich da so bestürzt hat, daß man mir klarmachte, man darf einen Polizisten in diesem komplizierten Einsatzsystem nicht mit einer zu starren Elle messen, sondern man müsse einfach begreifen, daß aus der Natur der Sache Übergriffe erfolgen. Wer der Meinung ist, daß dies, sagen wir mal Schuldausschließungsgrund wäre, oder daß den Beamten in der Rage des Gefechts das Gefühl der Rechtswidrigkeit fehlt, der kann doch gar nicht auf die absurde Idee kommen , daß der sich strafrechtlich zu verantworten habe (...) Wer also meint, das polizeiliche Vorgehen in dieser Weise erklären zu müssen, der gibt damit zu erkennen, daß er nicht die Notwendigkeit einer strafrechtlichen Verfolgung dieser Beamten sieht. Und ich würde sagen, schwerer Landfriedensbruch, das ginge ja fast noch, Körperverletzung im Amt halte ich für fast noch schlimmer und das ist meiner Auffassung nach am laufenden Band passiert... Und an der Stelle wird es nun wirklich problematisch für unseren Staat. Wenn man sich zum staatlichen Gewaltmonopol bekennt, doch nicht etwa deshalb,
 

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