Todesstelle von Rattay

nisieren und dazu das nötige Kleingeld. Manches Haus wurde klammheimlich wieder verlassen. Doch die Mehrheit der Besetzer hält durch, schlägt Wurzeln, richtet sich ein. Jeder nach seinen Bedürfnissen. Und die sind nicht identisch bei einem l7jährigen Punk und einem 3Ojährigen Alternativler. Auch die politischen Perspektiven sind nicht die gleichen. Die einen wollen absichern, Verträge machen und "Pfähle einschlagen", auf denen weitergebaut werden kann. Die an deren wollen "Keinen Dialog mit der Macht", wissen, daß jeder Kompromiß auch ein Stück der einmal geschmeckten, vielleicht erst erahnten Freiheit kosten wird: ein Stück von dir selbst. Lieber nicht verhandeln und geräumt werden, als selber die eigene Autonomie beschneiden. Die Herrschenden können hoffen, reden viel von "Gutwilligen" und "kriminellen Chaoten". Die Solidarität, im Erfolg geboren und nicht lange nachgefragt, bleibt in der Defensive und auf Dauer nicht so schön.

Und trotzdem kriegen die da oben uns nicht klein. Trotz Hunderten von Verurteilten und Tausenden von Ermittlungsverfahren, trotz der Unterschiede, die sich dennoch nicht gegeneinander aufhetzen ließen, und trotz Zweifeln, Ratlosigkeit und Katerstimmung, die uns zuweilen plagt. Es sind Zusammenhänge gewachsen, Räume erobert, Träume geträumt worden, die selbst der, der sie verleugnen mag, nicht mehr loswird.

KranzWenn es an der Oberfläche ruhiger wird, heißt das nur, daß wir warten.

Am 22.9.1981 starb Klaus-Jürgen Rattay im Verlauf der Polizeiaktionen nach der Räumung des Hauses Bülowstraße 89. An der Todesstelle Potsdamer Str./Ecke Bülowstraße wurde tagelang Totenwache gehalten. Heute erinnert ein in das Pflaster des Bürgersteiges eingelassener Gedenkstein an seinen gewaltsamen Tod.

Foto: Bernd Markowsky

rechts: Präsentkorb im Arbeitszimmer von Innensenator Heinrich Lummer. Foto: Paul Glaser

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