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Ein Kreuzberger Bürger meldet sich zu Wort:

Als sanierungsbetroffener Mieter und Geschäftsmann bin ich seit 1974 gewählter Mietervertreter im Sanierungsgebiet Kreuzberg - Kottbusser Tor (SKS). Ich glaube, daß man zu den Vorfällen, die sich in der Nacht vom 12. zum 13. Dez. 1980 ereignet haben, als 60jähriger, parteiloser Bürger, der weder Polizeibeamter noch Hausbesetzer, dafür Augenzeuge war, doch einiges sagen sollte. Gegen 19.00 Uhr wurde ich benachrichtigt, daß an der Admiralbrücke etwas im Gange sei. Sofort bin ich zu der Ecke geeilt und war dann bis morgens um 4.00 Uhr als Beobachter immer an den Brennpunkten des Geschehens.

Ich könnte jetzt stundenlang über Dinge berichten, von denen die meisten Zeitungen nichts oder nur einseitig berichtet haben und was die Bürger, die das nicht selber erlebt haben, gar nicht glauben können. Darum will ich mich auf einige Fälle beschränken.

Es ist sicher immer einfacher zu kritisieren, als die Dinge selber besser zu machen - das gebe ich gerne zu. Aber was sich die Polizei in dieser Nacht geleistet hat, kann in sehr vielen Fällen nur scharf verurteilt werden! Bei allen Einsätzen habe ich in dieser Nacht niemals gehört, daß die Polizei gesagt hat: "Bitte räumen Sie die Straße". Es hallte immer nur "marsch, marsch!" Und dann griffen sie an. In der einen Hand die Schilder wie die alten Römer, in der anderen Hand den Knüppel schwingend und dazwischen Bürger, unter denen sich auch viele Schaulustige befanden, durch die Admiralstraße in Richtung Kottbusser Tor getrieben. Offensichtlich meinte die Polizei, dort wären die großen Fensterscheiben zum Zerschlagen.

Gegen 19.30 Uhr kam ich zum Kottbusser Tor, wo die dorthin geprügelten Leute gerade dabei waren, bei den Banken eine Scheibe nach der anderen zu knacken. Keine Polizei am Ort - nein, die hatten ja die Admiralbrücke besetzt, um den "Wasserspiegel" zu schützen und um umgeworfene Bauwagen zu bewachen. Ja, und dann hat wohl der Einsatzleiter am Karl-Hertz-Ufer doch noch mitbekommen, wie bedrohlich die Sache am Kottbusser Tor ist und hat seine "Polizeimacht" hingeschickt: Ein Funkwagen mit zwei Beamten besetzt! Und die stellten den Wagen an der hellsten Stelle vor einer kaputten Fensterscheibe ab, stiegen aus, um mit gezogener Pistole in Richtung Aldi zu laufen und ließen den Wagen leer stehen. Das war doch eine Provokation - eine Einladung zum Umkippen des Funkwagens, was dann auch prompt geschah. Da hatte dann die Polizei ihr umgekipptes Fahrzeug. Ich möchte jetzt mal etwas von den Vorfällen vor dem Mieterladen berichten. Das war schon schIimm! Da fährt jemand von uns mit dem Megaphon durch die Straßen und versucht, die Leute zum Mieterladen einzuladen, damit hier der Versuch gemacht werden kann beruhigend auf das Geschehen einzuwirken. Wir waren der Meinung, es sei schon mehr als genug kaputt gemacht - viel zu viele Menschen auf beiden Seiten verletzt - und genug Demonstranten festgenommen worden.

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