51 Prügel für Wehrlose Montag gegen 19 Uhr am Breidtscheidplatz: Sobald sich irgendwo Demonstrantengruppen bilden, werden sie von der Polizei auseinandergetrieben. Ich stehe vor der Gedächtniskirche, um die Entwicklung aus nächster Nähe zu beobachten. Polizisten kommen auf mich zu. Sie fordern mich auf, den Platz zu verlassen. "Ich bin vom ABEND", erkläre ich und ziehe meinen Presseausweis. Ein Polizist versucht, mich mit dem Schild zur Seite zu drängen. Ich protestiere: "Sie behindern mich in meiner Berichterstattung. Geben Sie mir Ihre Dienstnummer." Der Polizist dreht ab. Ich wende mich an einen anderen Beamten, der die ganze Zeit daneben stand. Er soll seinen Kollegen auffordern, mir die Dienstnummer zu geben. Auch er dreht ab. Fast drei Stunden später. Die Auseinandersetzungen haben sich zum Wittenbergplatz verlagert. Die Polizei treibt die Demonstranten die Kleiststraße entlang in Richtung Nollendorfplatz. Ich bin hinter den Fronten. Auf dem Bürgersteig sitzt eine Frau mit einer Platzwunde am Kopf. Vier junge Leute kümmern sich um sie. Als ein Nachzügler-Trupp Polizisten vorbeirennt, schreit jemand: "Ihr Schweine!" Die Polizisten reagieren sofort und rennen auf uns zu. Erschrocken ziehe ich meinen Presseausweis und halte ihn hoch. "Was ist das? Ich kann das nicht lesen", schreit einer der Beamten, dem ich den Ausweis vor die Nase halte, und rammt mir sein Schild gegen die Schulter. Kurz nach 22 Uhr am Kleistpark. Die Polizei hat die Demonstranten auseinandergetrieben. Ich bin in einer Telefonzelle und rufe die Redaktion an. Auf einem Mäuerchen unmittelbar vor der Zelle sitzt eine Frau. Plötzlich stoppt ein Mannschaftswagen. Polizisten springen heraus und räumen mit dem Schlagstock den Bürgersteig. Ein Polizist läuft an der Telefonzelle vorbei - und schlägt der Frau, die sich nicht rührt, mit dem Gummiknüppel auf den Kopf. BRUNO RIEB
Geräte lädiert BERLIN-WEST (AZ). Montagabend gegen 19 Uhr 45 an der Westberliner Gedächtniskirche:
die beiden Fotographen Thomas Müller und Michael Wilke fotografieren
u.a. auch im Auftrag der NEUEN die Auseinandersetzungen zwischen Polizisten
und Demonstranten. Plötzlich werden beide von je vier Zivilpolizisten,
die sich nicht ausweisen, von hinten in der Würgegriff genommen.
Hinweise auf den Pressestatus, Fragen nach Namen oder Dienstnummern werden
mit Drohungen beantwortet: "Seid ruhig, sonst schlag ich Euch die
Köpfe zusammen!" Im Mannschaftswagen wird den beiden neben den
Personalausweisen auch das Fotogerät weggenommen. Nach einer Stunde
in einer Zelle des Polizeireviers Moabit, Invalidenstraße 21, (Abschnitt
34), erhalten sie die Geräte lädiert zurück. Eine Anzeige
wegen Sachbeschädigung wird nicht entgegengenommen. Mündlich
wird beiden mitgeteilt, daß eine Strafanzeige wegen schweren Landfriedensbruches
demnächst mit der Post käme. Es wird kein Protokoll angefertigt.
Nichts Schriftliches. Die Wachhabenden auf dem Revier erklären sich
für "nicht zuständig". Haben "gerade erst den
Dienst begonnen". Als einziges ist die Dienstnummer des Beamten zu
erfahren, der die beiden eingeschlossen hatte: 9567. Mit Beschwerden,
Anzeigen etc. sollten sich die Kollegen an den Polizeiabschnitt 31 wenden.
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