100
|
|
Vier neue Häuser am Wochenende Instandbesetzungen ohne Ende? |
|
Wenn das Wochenende naht, werden die in Instandbesetzer aktiv. So auch
In den letzten drei Tagen. Vier der Abrißkugel oder der Luxusmodernisierung
geweihte Häuser wurden neu besetzt. In Kreuzberg hat ein Haus in der
Manteuffelstr. 108 neue Bewohner bekommen, in der Anhalterstr.
7 wurde ein Kulturzentrum eröffnet. Die zwei weiteren Instandbesetzungen
erlebten die Bezirke Wedding und Schöneberg.
Spekulanten werden hier nicht reich - dies war Weddings zweiter Streich ... So ähnlich steht's auf einem Transparent, das seit Samstag abend an einem der beiden Häuser Hermsdorfer Ecke Hussitenstraße flattert. Nach der Groninger Straße 50 hat auch der Wedding seine zweite Instandbesetzung. Instandzusetzen Ist allerdings kaum etwas: Die beiden Häuser sind Anfang der 60er Jahre gebaut und tadellos in Ordnung. 13 von insgesamt 18 Wohnungen (3 Zimmer, Küche, Bad, Balkon) hatte die senatseigene GSG bereits "entmietet". Der ganze Block 239 zwischen Schering-, Hussiten-, Hermsdorfer und Ackerstraße ist nämlich im Rahmen der Sanierung als reines Gewerbegebiet vorgesehen. Die noch vorhandenen Wohnhäuser sollen diesen Plänen weichen, denn ,Wohnen meinem Gewerbegebiet laut Senatsauskunft nlcht zumutbar. So stand's jedenfalls am 22.12. im Tagesspiegel. Der CDU-Abgeordnete auschenbach hatte durch eine ,kleine Anfrage diesen Fall von Weddinger Wohnraumzerstörung ins Licht der Presse gezogen, der Weddinger SPD Baustadtrat Lädtke war sofort bereit zu erklären, daß man mit dem Abriß nicht dränge. Wen wundert es, daß nun gut 20 "Wohnungssuchende" zur Selbsthilfe gegriffen haben. Die Besetzer, die sich erstmal im 3. und 4. Stock eingerichtet haben, wollen sich "langsam vorarbeiten". Und die Künstler Lieber ein "Kukuck" im Haus, als ein Vogel im Senat. Gesagt, getan. Am Freitag hat sich die Besetzerei erstmal auf kulturelles Gebiet begeben. Denn, so heißt es in einem Flugblatt des neuen Kukucks, "in dieser Stadt zu leben, heißt nicht nur, genügend Wohnraum für jeden zu haben, es heißt mehr: gemeinsam Spaß zu haben. Theater zu spielen, Musik zu machen,Tanzen, Feiern, klönen, Filme sehen". Aus dem Gefühl heraus, daß so etwas noch fehlt, wurden am Freitag nachmittag um 17 Uhr 30 in der Anhalterstraße 7 Fabriketagen besetzt. Es gibt zwar auch noch offizielle Mieter in diesem Haus, aber der größte Teil der Wohnungen im Vorderhaus und der Fabriketagen stand leer. Nun zieht hoffentlich Leben ein ins Kukucks-Nest. Diese Abkürzung steht für Kultur- und Kunstcentrum Kreuzberg. Die Theatergruppe LöwenzAn will miteinziehen, genauso wie der Schmalfilmverleih Gegenlicht Interesse bekundet hat, an diesem Projekt mitzuwirken. Es wird genügend Raum geben für andere Gruppen. Wer also noch Interesse hat, kann ja mal im Kukuck vorbeischauen. Es gibt Sekt Unerwartet aus dem Todeskoma gerissen wurde am Sonntagmorgen der Seitenflügel 3. Hinterhof in der Bülowstr. 55 in Schöneberg. Von der Neuen Heimat in letzten Herbst entmietet, schien für drei Seitenflügel und Quergebäude des großen Wohnkomplexes keine Hoffnung auf einen Frühling. Lediglich in das Vorderhaus sollen die Mieter nach der Modernisierung zurückkehren können. Alle weiteren Gebäude müssen einem großen Gewerbehof weichen. Von den Mietern scheint keine große Unterstützung zu erwarten, denn es gibt praktisch keine mehr, und die letzten sitzen auf gepackten Koffern. Der Besetzertrupp hat es sich in einer der vielen Eineinhalb-Zimmer-Wohnungen bereits gemütlich gemacht, es gibt Sekt und warm ist es auch. Die Stimmung ist optimistisch. Obwohl das Haus mindestens seit einem Vierteljahr leersteht ("Wir haben Zeitungen vom Oktober hier gefunden"), kommt der Strom noch aus der Steckdose, des Wasser aus der Wand, fast alle Armaturen und Rohre sind noch intakt, und die Ofen funktionieren auch. Natürlich winkt viel Arbeit. aber mit ein paar Leuten mehr ist das zu schaffen. Putz am Chamissoplatz? Brisant kann es heute morgen in der Willibald Alexis-Straße 43 am Chamissoplatz werden. Eine Gruppe hatte das Haus am Donnerstag besetzt, obwohl die Modernisierungsarbeiten schon im Gange sind, und die Bauarbeiter nach Hause geschickt. In eine Sitzung des Aufsichtsrates der GeWoBag (Vorsitzender: Lekutat, der Kernige) am Freitag soll beschlossen worden sein, auf jeden Fall am Montag weiterzubauen. Die Spekulationen über einen möglichen Polizeieinsatz und Räumung wurden gestern weder bestätigt noch dementiert. S.P./O.P./W.B./M.S. |