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Die AL bezeichnet Lummers Vorhaben als einen schweren politischen Fehler, weil dadurch alle Ansätze für eine konstruktive Lösung zerstört und viele engagierte Menschen in eine Hoffnungslosigkeit getrieben würden, deren Folgen niemand wünschen kann. Auf einer Pressekonferenz der AL richtete der Abgeordnete Jänicke noch einmal einen leidenschaftlichen Appell an den Senat, die Räumungen vorerst zu verschieben, da sonst "der soziale Friede auf lange Zeit in der Stadt zerstört werde".
Weiterhin wurde betont, daß offensichtlich keine Bereitschaft beim Senat zu erkennen sei, Verhandlungen zu führen, da dieser, wie es scheint, nicht die für den 29.9. geplante Diskussion der Konzepte von Seiten der Besetzer abwarten will. Die AL betont nochmal, daß die Folgen der Räumung ganz allein vom Senat zu tragen seien. Sie kündigte auch an, im Falle einer Räumung einen Mißtrauensantrag gegen Innensenator Lummer wegen politischer Unfähigkeit zu stellen.
Die Paten und Solidaritätsgruppen der besetzten Häuser kündigten an, in die räumungsbedrohten Häuser mit rund 150 Personen aus Parteien, Hochschulen, Gewerkschaften und Kirche einzuziehen.
Der Berliner Mieterverein legte in einer Presseerklärung besonderen Wert auf die wohnungspolitischen Aspekte der angedrohten Räumung. Anstatt über 10.000 Wohnungen in mehr als 600 leerstehenden Häusern wieder bewohnbar zu machen, schlage der Senat auf diejenigen ein, die gegen diesen Mißstand praktische und sinnvolle Maßnahmen ergriffen haben. Die SPD wies zu den beabsichtigten Räumungen darauf hin, daß der Senat bei der Realisierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt gegen den Willen des Parlaments handeln würde. Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Vogel, schrieb dem regierenden Bürgermeister von Weizsäcker einen Brief, in dem er noch einmal eindringlich bat, von den angekündigten Räumungen abzusehen. Dabei bestritt er allerdings nicht die Rechtmäßigkeit der Senatsdrohung, doch sei ein Vorgehen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht geboten. Es wäre nötig, erst eine Gesamtkonzeption über die besetzten Häuser zu erstellen. Weiterhin plädierte er dafür, von einer Räumung, zumindest bis zum 24. September, abzusehen, weil dann eine Diskussion im Parlament zum Thema Hausbesetzer statfinden sollte.
Die FDP-Fraktion warnte ebenfalls vor der ultimativen Räumungsaufforderung Lummers, weil er damit scharfmacherischen Kreisen innerhalb seiner Fraktion nachgegeben habe.
Der FDP-Politiker Rasch erwarte vom Senat ein funktionierendes Gesamtkonzept, das bisher noch nicht entstanden sei.
Die CDU stellte sich entschlossen hinter Lummer. So begrüßte der CDU-Fraktionsvorsitzende Diepgen das Senatsultimatum und sagte, für den Senat bestehe kein Handlungsspielraum.
Für Sonntag, den 20. September, war von verschiedenen Gruppen (AStA FU, AL, Besetzerrat, Jusos, Judos u.a.) zu einer Großdemonstration gegen die beabsichtigten Räumungen und für eine Änderung der Senatspolitik aufgerufen worden. An dieser Demonstration beteiligten sich mehr als 15.000 Personen. Sie verlief friedlich, was wohl auch darauf zurückzuführen war, daß die Polizei auf Provokationen verzichtete (von ihr war nichts zu sehen).

Ebenfalls am 20. September erschien folgende bemerkenswerte Anzeige im Tagesspiegel:

 

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