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Ein weiterer Zeuge berichtet über die Räumung der Winterfeldtstr. 20:

"Ich saß im vorderen Drittel des hinteren Zimmers und konnte beobachten, daß ein B... einige Male mit dem Ellenbogen nach Leuten stieß, die an ihm vorbeigetragen wurden. Er stand an der Türe. (...) Vor der Räumung des zweiten Zimmers macht ein B... die Zusage, wir könnten in Dreiergruppen zusammenbleiben. Ich hake mich mit zwei anderen sitzend ein. Ein B... fordert mich auf aufzustehen, ich weigere mich. Daraufhin trennen mich einige B... mit Gewalt von der Dreierkette, zwei B... schleifen mich an den Armen ziehend in den Kücheneingang und werfen mich dort zu Boden. Ein B... treibt mich mit Fußtritten ca. zwei Meter vorwärts, er zieht mich an den Haaren hoch. Ich gebe meinen Personalausweis, sie schreiben meine Personalien auf."

Während sich diese Vorgänge in den Häusern abspielten, sammelten sich auf der Straße vor den Häusern nach und nach immer mehr Leute, um ihre Betroffenheit und ihre Unterstützung mit den Besetzern auf diese Weise zu dokumentieren. Mit Ausnahme der Winterfeldtstraße handelte es sich hierbei ausschließlich um friedliche Ansammlungen. In der Winterfeldtstraße waren einige Barrikaden aus umgekippten Müllcontainern gebaut worden, die kurz nach Ankunft der ersten Polizeifahrzeuge ca. gegen zehn Uhr angezündet wurden.
Gegen elf Uhr wurde die Winterfeldtstraße dann mit massivem Tränengaseinsatz in Richtung Nollendorfplatz geräumt. Ein Augenzeuge berichtet:

"Gegen 10.30 Uhr traf ich mit einigen Leuten aus meiner Schulklasse auf dem Winterfeldtplatz ein. (...) Als wir dort ankamen, standen die Barrikaden bereits, ein Auto war schon fast ausgebrannt. Aus der Winterfeldtstr. nahm man massiv Tränengas wahr. Seitdem ich auf dem Winterfeldtplatz war, gab es von unserer Seite her keine Veranlassung für die B.... in irgendeiner Weise gegen die Leute dort vorzugehen. Es blieb auch alles ruhig erstmal. Wannen fuhren vor und dann wieder zurück, es tauchten zwei Wasserwerfer auf, einer verschwand dann wieder usw. Gegen 11.15 Uhr formierten sich die B... zu einer Kette, Richtung Nollendorfplatz. Außer einigen Sprüchen passierte nichts. (...) Ich stand den Polizisten etwa fünf Meter gegenüber und habe alles gut mitbekommen. Plötzlich kam ein schon etwas älterer Schläger in Uniform auf einen aus der Kette zu und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dieser nickte nur mit dem Kopf, seine Mimik wurde ernster. Dann ging alles sehr schnell, so schnell, daß man keine Möglichkeit hatte, sich auf irgendetwas vorzubereiten. Die Polizeikette rannte plötzlich wild auf die Menge drauf zu und knüppelte auf alles ein, was ihnen im Wege stand. Auch der Wasserwerfer kam im selben Moment zum Einsatz. (...) Ich wurde mit einigen anderen an die Häuserwand gedrängt und wir bekamen dann ganz massiv den Schlagstock zu spüren. Ich wurde am Ellenbogengelenk meines linken Armes getroffen, andere erlitten schlimmere Verletzungen."

Im Umfeld des Nollendorfplatzes - in der Bülowstraße und den kleineren Seitenstraßen - befanden sich zu dieser Zeit viele Menschen, die aus Anlaß der Räumungen gekommen waren, größtenteils aber nichts von den Auseinandersetzungen in der Winterfeldtstraße mitgekriegt hatten und auch nichts damit zu tun hatten. Einige von ihnen wurden - nichtsahnend - von dem nun folgenden, massiven Einsatz der B... völlig überrannt, teil-

 

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