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Räumung der Mahnwache

Die früheste Einordnung der Räumung der Mahnwache wird mit 15 bis 15.30 Uhr angegeben. Dazu heißt es:

"Nach dem Todesfall von K. J. Rattay wurde von ca. zweihundert Leuten ein Sitzstreik auf der Potsdamer Straße Ecke Bülowstraße gemacht. Die Polizei fuhr mehrmals provozierend mit mehreren Wannen vorbei. Als in der Menge nur Sprechchöre laut wurden, rasten sie zwei, drei Mal auf die Menge los und zogen wieder ab. Mit Verstärkung wieder angekommen, forderten sie die Menge auf, die Straße zu räumen, weil angeblich durch den Sitzstreik eine strafbare Handlung vorliege. Plötzlich schossen sie eine unüberschaubare Menge Tränengasbomben in die Menschenmenge, dabei zielten sie scheinbar direkt auf Personen. Mit Blaulicht und Sirene rasten die Wannen los und trieben die Menschenmenge vor sich her. An der Ecke Potsdamer Straße Kurfürstenstr. sprangen die B... ab und trieben die übriggebliebenen Demonstranten unter Schlagstockeinstatz auseinander."

Für offenbar den gleichen Vorfall gibt ein anderer Zeuge folgende Schilderung und datiert sie auf ca. 16 Uhr:

"Plötzlich starteten die Polizeiwagen und fuhren sehr schnell auf die Menge zu. Viele Leute liefen weg, einige blieben sitzen und rückten eng zusammen. Polizeibeamte kamen auf uns zu und packten einzeln oder zu mehreren Demonstranten und transportierten sie ab. Außer mir befanden sich schließlich noch fünf andere Verhaftete im Mannschaftswagen. Wir mußten uns auf den Boden setzen, obwohl es dort viel zu eng für sechs Leute ist und obwohl auf der Bank noch Plätze frei waren. Als im Funkgerät durchgesagt wurde, daß die Polizeifahrzeuge nun gehalten seien, die mit Blumen gekennzeichnete Stelle zu umfahren, sagte ein Beamter 'nicht drumherum, sondern mitten durch'."

Nach der ersten Räumung der Mahnwache (ca. 15.30 Uhr) hatten sich zwischen 16 und 17 Uhr ca. hundert bis zweihundert Menschen eingefunden, die ihre Trauer und Betroffenheit nach dem Tod von Klaus Rattay zum Ausdruck bringen wollten. Ein Anwesender beschreibt die Situation:.

"Zwischen 16.30 und 17 Uhr kam ich an die Stelle, an der der Demonstrant überfahren worden war. Die Blutlache war inzwischen von Blumen überdeckt. Um die Stelle herum fand eine Sitzdemonstration statt. Ab und zu brachten Leute Blumensträuße. Ich machte ein Foto von einer älteren Frau, die einen Blumenstrauß niederlegte. Da sie einer ganz anderen Generation als die hier Sitzenden angehörte, fand sie allgemein Beachtung. Sie blieb dann hinter den Sitzenden stehen. Der

 

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