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Erklärung der Paten, Unterstützer und Solidaritätsgruppen vom 24.9.81

Instandbesetzung geht weiter und wir werden sie weiter unterstützen!

Am Dienstag, dem 22. September 1981, hat der CDU-Minderheitensenat den Bankrott seiner Politik erklärt. Er sah sich nach monatelangem Hinhalten und Drohen nur dazu in der Lage, acht instandbesetzte Häuser polizeilich räumen zu lassen. Mehr als das Mittel polizeilicher Gewalt, hinter dem er seine wohnungs- und jugendpolitische Konzeptionslosigkeit zu verbergen können meint, fiel ihm nach "hundert Tagen Weizsäcker" nicht ein.

Ernstgemeinte Verhandlungen mit Instandbesetzern fanden entgegen den Behauptungen des Senats nicht statt. Der Berliner Senat realisiert seine Politik hinter polizeilichem Schutzschild und mit polizeilichem Knüppel.

Die Folgen sind vor allem:

1. Am Nachmittag des Räumungstages, als der Innensenator sich in einem geräumten Haus als Westentaschen-Napoleon präsentierte, führte er dadurch fahrlässig und in Szene gesetzt zugleich eine Situation herbei, in der ein Mensch zu Tode kam. Dieser Tod geht zu Lasten des Berliner Senats insgesamt und des Innensenators Lummer insbesondere.

2. Die Räumung der Häuser hat eine politisch friedliche Lösung in weite Ferne gerückt. Das Katz- und Maus-Spiel der Gewalt ist vom Senat erneut eröffnet worden. Einer der Verlierer hat bereits mit dem Leben bezahlt. Die Gewalt in Berlin und andernorts geht ohne Abstriche zu Lasten des Senats von Berlin.

3. Durch die Räumung der Häuser werden eine Fülle phantasievoller, vielversprechender wohnungspolitischer Ansätze als Ausdruck und Voraussetzung veränderter Formen des Zusammenlebens und Arbeitens vorsätzlich gefährdet oder von vornherein mit dem Gewaltschild zerdrückt. Die Besetzung von Häusern ist für die Verzweiflung und Perspektivlosigkeit von Jugendlichen nur ein Ausdruck und zugleich ein Stück Selbsthilfe aus der Perspektivlosigkeit heraus, reale Eigentätigkeit in einer Gesellschaft, die für sie weder Raum noch Arbeit noch sonst irgendwelche sozialen Chancen übrig hat.

Die bisher praktizierte Sanierungspolitik bedeutet in diesem Zusammenhang: Zerschlagen von sozialem Gefüge, von Arbeitsplätzen in Kleinbetrieben, von kulturellen Stützpunkten des sozialen Lebens. Sie bedeutet die Zerstörung des Grundrechts auf Wohnung, Arbeit und selbstgewählte Lebensperspektive.

Die Konsequenzen des CDU-schwarzen Dienstags werden für uns sein:

1. Wir, die wir die Sache der Instandbesetzer unterstützt haben und jetzt mehr als je zuvor unterstützen, müssen zu verhindern versuchen, daß der Senat seine Gewalttätigkeit den Jugendlichen in die Schuhe schiebt und hinterher so tut, als sei er selbst zu militanten Reaktionen um des Friedens und des Rechts willen gezwungen worden.

Der Senat war und ist der Gewalttäter Nummer eins! Er "warf den ersten Stein".

2. Wir wollen verhindern, daß die gerechte Sache der Instandbesetzer hinter einer vom Senat erzeugten Gewaltwolke verschwindet und in ihrem Schatten ad acta gelegt werden kann. Die Probleme, um deretwillen die Instandbesetzungen, erforderlich waren, sind nicht gelöst worden. Instandbesetzung, von

 

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