ter, sagt sie, komm, mach weiter! Die grünen Augen des Kleinen blitzen, ringsum Gestelle aus Leder und Eisen, verchromte Gestänge, Seile aus sehr feinem Stahl.

Sie haben recht, sagt er und klimpert listig mit den grünen Augen - verschmitzt, denkt Kai, und merkt, wie ihn der weiße Staub und der Geruch des Leders und dazu die Erinnerung an eine Wohnung im Parterre langsam vom Hals her einschnüren. Recht, säuselt jetzt der Kleine, indem sie sich die Wahrheit hinter dem eignen Rücken vollziehen lassen, woll? Und Kai denkt: Was soll das denn? Das ist doch alles Schwachsinn. Wir sollten, murmelt Manuela, Küchler krakeelt: »Hier rausgehn - Ach, du bist Manuela? - Alle Achtung! - Nix für ungut«, Küchler, ein kurzer Kratzfuß, räuspert sich und sagt: Scheiße, brüllt: Ruff uff 'n Sportplatz, hier drinne isset stickich, ick atme nur noch halb.

Der alte Sportplatz, Aschenbahn, dunkelgrün die Kastanien, Kai hechelt, hört entfernt schon: »Nicht nur du bist das Kollektiv, sondern das Kollektiv auch du«, der Kleine ist ein Kobold in einem engen Kleid, Kai sieht sich schwanken.

Und Manuela rennt über den weiten Rasen, Küchler hüpft auf die Hochsprungmatte - und auch den Himmel, singt der Kleine, und die Lichtreklamen über den großen Städten löschen wir aus. Und biegt sich dann das rechte Bein hinter dem Kopf zum Nacken, verhakt es dort, sagt: Färben - färben, wißt ihr, was farbig ist, farblos, es ist was Neues, er flötet, lacht und hüpft. Kai schließt sehr vorsichtig die Augen, glaubt, daß sich dann der Himmel über ihm nicht mehr dreht. Der Kleine mault, weil keiner ihm mehr zuhörn will, es ist, sagt er, verknotet sich, längst ein ästhetisches Bedürfnis, und nicht mehr Politik.

Du redest, sagt Kai abfällig und in die kurze Stille, er muß sich Mühe geben, du redest Scheiße, Schatz. Und weil ihm niemand antwort und weil die Zunge, lall ich schon? zwischen den Zähnen dick wird, Platz braucht, um langsam aufzuquelln, um unförmig zu wachsen, fragt Kai sich, ob die andern ihn überhaupt verstehn. Und wieder dreht sich über ihm, spätsommerlich, der Himmel.

Ich mache mich, kobolzt der Kleine - ebenso wie die andern, ohne Kai zu beachten - oder ich mache mich nicht. Aber gerade als solches, doziert er mit entstellter Stimme, läuft auf den Händen, ruft Kai zu, brüllt: Komm schon mit, meint: Sauertopf, vermaledeit! steht kopfüber im grauen Gras und redet, redet weiter. Gerade als solches, lispelt er, transzendiert es, kleines Stottern, wißt ihr, alle Vorstellungen überkommener Ästhetik, sprengt dabei die Grenzen der alten Politik.

Manuela blinzelt müde in die Sonne, die im Gasometer hockt. Die Kastanien malen Muster auf die Arme, braune Blätter, und treiben wie traurige Boote über ihr weißes Gesicht. Und dann muß Manuela lachen, rings um den Mund belustigt, die Stirn verständnislos.

Der redet, grunzt Kai mühsam, ganz dummes Zeug, wischt sich den Schweiß von Stirn und Augen, kraust abfällig die Nase, massiert die Schläfen, kaltes Blut, klopft sich, erst nur verblüfft, schließlich erschrocken, heftig mit beiden Handballen über der Nasenwurzel gegen die hohe Stirn. Und während die Bilder um ihn gerinnen, wird ihm der Platz ringsum vage, trocknet wie Obsthälften aus.

Und dann, während der Kleine gemächlich übern Rasen turnt, und während Manuela langsam Richtung Toilette läuft, spürt Kai zum ersten Mal die Angst, wünscht sich, daß alle schweigen, will rufen, will auch schreien, dennoch, es kommt kein Wort. Der Himmel wie ein Schnellkochtopf, im Dampf erschrockne Augen, Kai knickt jetzt in den Knien ein und atmet immer heftiger, während er sich sehr vorsichtig auf den sehr trocknen Rasen kniet, und einen Augenblick sieht Kai, zwischen den schwarzen Lidern, daß alles sich bewegt. Und auf dem Sportplatz bleibt die Luft bloß ein geschloßner Kessel, der sich gleich einem Klumpen eng auf die Lungen legt.

Is was, fragt Manuela, was is? Nichts, murmelt Kai und läßt sich, während der Kleine weiterschwafelt, falln. Bänkelsänger, denkt Kai noch und hört den Singsang des Kleinen - »Nihilismus und Revolte« - bis er sich hechelnd der Hitze ergibt. Schwelgende Nacht, schweigendes Haus, ich bin der stillste der Sterne.

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