Michael Wildenhain
DIE KALTE HAUT DER STADT
Roman
Berlin als Schauplatz politischer Kämpfe: Im September 1981 werden acht
besetzte Häuser geräumt, ein Demonstrant stirbt auf der Straße,
der Schweigemarsch eskaliert. Kai, Kämpfer und Artist, Corinna, Tochter
aus gutem Hause, Jochen, Skeptiker, der ein Auge verliert, und Manuela, die
ihr Kind abtreibt, agieren in den Straßen unter der Hochbahn, diesem »Baldachin
aus Stahl«. Hinter den Mauern noch besetzter Hauser nimmt die Kälte
zu, die Bewohner sind dem Druck kaum mehr gewachsen. Bis Jahre später,
am Ersten Mai 1987, die Stadt noch einmal explodiert ...
Michael Wildenhains Roman mit seinem detailliert beschreibenden, dem raschen
Rhythmus der Metropole angepaßten Stil wendet sich gegen die Last des
Schweigens. Mit den ästhetischen Mitteln des Films und der Montage, der
Rück- sowie Vorausblenden rekonstruiert er Ausschnitte einer sozialen und
politischen Wirklichkeit, die in ihm einen wachen Chronisten gefunden hat. Aus
der Perspektive eines ehemals Beteiligten erzählt Wildenhain vom Zusammenbruch
linker Hoffnungen und Utopien, schildert er die allmähliche Ritualisierung
der Aktionen, die Verselbständigung der Gewalt. Er zeigt, wie Liebe und
Solidarität zerbröckeln, so daß Angst und Rückzug, selbst
Tod beinahe das einzige sind, was bleibt. Indem er seine Geschichte am Werdegang
einer losen politischen Gruppe entlangerzählt, mit seinen Figuren liebt
und leidet und ihren Spuren bis nach Frankreich folgt, entsteht in der Zusammenschau
der Ereignisse und Charaktere ein farbiges, facettenreiches und nicht zuletzt
fesselndes Panorama.
Michael Wildenhain, 1958 geboren, lebt in Berlin. Er veröffentlichte außerdem
die Erzählung zum beispiel k. (1983),
den Roman Prinzenbad (1987), den Lyrikband Das Ticken der Steine (1989) sowie
in der Collection S. Fischer den Erzählungsband Heimlich, still und leise
(1994, Bd. 2377). Michael Wildenhain wurde u. a. mit dem Leonce-und Lena-Förderpreis
und dem Ernst-Willner-Preis ausgezeichnet.
FISCHER TASCHENBUCH VERLAG
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