die spaßguerrilla eröffnet auch möglichkeiten der ausweitung
auf soziale konfliktfelder, die außerhalb der bewegung liegen. unter den
schon beschriebenen aktionen gibt es einige, in denen das anklingt: die symbolischen
besetzungen zur unterstützung der hungerstreiks. die idee einer pro-haig-demo,
die der friedensbewegung ein bißchen pep gegeben hätte. die 'bürger
gegen das chaos' im rathaus schöneberg - als eingriff in die cdu-innereien.
auch der brief des 'gesundheitssenators' vom 15. 2. 81 , der zur abholung von
gasmasken gegen den smog aufforderte. es gab mehrere aktionen zu umweltfragen.
gegen die lagerung von giftgasen bei 'schering' etwa: am 29.7.82 ging ein brief
an scherings nachbarn, mit briefkopf des unternehmens. darin die information,
daß schering ein hochregallager für 750. 000 liter hochexplosive
flüssigkeit baue. beim pförtner sollten anträge für kostenlos
abzugebende atemschutzgeräte abgeholt werden. eine woche später, am
5.8.82, stand ein 200 liter-blechfaß gegenüber von schering, mit
einem totenkopf versehen und qualmte. ein anonymer anrufer teilte der polizei
mit, bei schering habe es giftalarm gegeben und nun stehe dieses faß vor
der tür. das faß enthielt wasser und trockeneis - der qualm, war
theaterqualm. november '81, die rodung im tegeler forst schien unmittelbar bevorzustehen.
am 24.11.81 gibt es in tegel ein flugblatt des polizeipräsidenten: der
tegeler forst wird darin zum sperrbezirk erklärt und die tegeler werden
inständig darum gebeten, den rodungen nicht durch spaziergänge in
die quere zu kommen.
am 30.11.1981 besetzen 35 leute für 10 minuten die kreuzung mehringdamm/gneisenaustraße
und legen tote bäume auf die straße. sie verteilen auch einladungen
zu einem 'preisausschreiben des senats' unter dem motto 'weg mi t den 80. 000
bäumen in tegel'. der beste vorschlag für die 'gestaltung einer pflanzenfreien
unwelt' soll ausgezeichnet werden. 1. Preis: ein zubetonierter kleingarten an
der autobahn' - durch den tegeler forst sollte die von vielen für überflüssig
angesehene autobahn nach hamburg gelegt werden. ebenfalls im november 1981 erhielten
100.00 haushalte eine offizielle aufforderung, sich an dem 'losverfahren zur
vergabe der 17.000 atomsicheren bunkerplätze' zu beteiligen. bei dieser
aktion wurden 4 leute geschnappt und am 11.8.82 freigesprochen. der richter
folgte ihrer begründung, es handle sich um eine 'politische satire'.
im august '81 gab es eine aktion von frauen gegen sexistische filmreklamen:
'das tier' stand auf einem plakat, das häufig zu sehen war. auf den plakat
war eine frau abgebildet, deren kopf und arme wehrlos nach unten hingen. die
frauen drehten das Plakat einfach um. dadurch erhielt die zuvor wehrlos hängende
frau auf einmal eine drohende haltung. der text des gegenplakates: 'in jedem
von uns steckt ein tier. wehe, es bricht einmal aus. 5 jahre vorher gab es auch
mal eine ähnliche aktion. da wurde in ganz berlin die größte
aller attraktionen angekündigt:
FRAUEN BOXEN OBEN OHNE ZARTE FÄUSTE HARTE SCHLÄGE KLATSCHENDE BRÜSTE dagegen plakatierten damals die frauen: MÄNNER BOXEN UNTEN OHNE KLATSCHENDE SÄCKE ZARTE SCHWÄNZCHEN QUIETSCHENDE EIER |
noch schärfer wird es, wenn die spaßguerrilla nicht nur zu Ausweitungen auf andere soziale konfliktfelder gelangt, sondern zusätzlich noch in diese eingreift: indem sie den leuten, die dort drinstehen, kampfmittel vorführt und in die hand gibt.