zur Polizeiaktion gegen die Kaderschmiede (fwd)

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From: wah (wah@dojo.tao.ca)
Date: 01/18/00


From: bambule <bambule@myokay.net>

Polizeiaktion gegen die »Kaderschmiede«

Erneut linkes Kneipenprojekt in Berlin durch Hausbesitzer und Gesetze
bedroht

In Berlin laufen die Polizeiaktionen gegen die linke Szene unvermindert
fort. Nachdem die »Ordnungshüter« Mitte Dezember das alternative
Kulturzentrum Mehringhof im Visier hatten, folgte nun weitere Repression
am Freitag im Ost- Bezirk Friedrichshain.

Die »Kaderschmiede«, ein alternatives Kneipenprojekt in der Rigaer
Straße, wurde von einem massiven Polizeiaufgebot geschlossen, die
Fenster wurden zugemauert und der Strom abgestellt. In der Straße werden
etliche Häuser besetzt gehalten. Die Polizei berief sich auf eine
Anzeige des Hausbesitzers. Er habe im Kneipenbetrieb eine unbefugte
Nutzung gesehen. Das dürfte aber nur die halbe Wahrheit sein. Innerhalb
der letzten drei Wochen war die Polizei schon sechsmal in das Gebäude
eingedrungen. Mal wurden bauliche Mängel, mal Ruhestörung ins Feld
geführt. Möglicher Hintergrund: Wenige Tage vor der Polizeiaktion war
das Haus an einen neuen Besitzer verkauft worden. Bislang ist ungeklärt,
ob die Schließung von diesem oder dem alten Besitzer veranlaßt worden
ist.

Sicher ist jedenfalls, daß Kneipen wie die »Kaderschmiede« mit ihrem
alternativen Image nicht ins offizielle Konzept der Hauptstadtaufwertung
passen. Auch profitinteressierte Immobilienhändler dürften keine Freude
an ihnen haben. Noch gibt es in Berlin ein gutes Dutzend solcher Lokale,
in denen sich vor allem Punks, Autonome und andere Szeneangehörige
treffen. Konzessionen haben sie nicht, Geld ist Nebensache, Geld
verdienen gar nicht vorgesehen. In der Regel gehören die Kneipen zu
ehemals besetzten Häusern.

Gefahr droht ihnen von zwei Seiten: Zum einen müssen sie ständig
befürchten, daß die Eigentümer Sanierungsmaßnahmen durchführen und die
Mieten so drastisch erhöhen, daß die Bewohner zum Auszug gedrängt
werden. Genau dies befürchten nun die jungen Leute in der Rigaer Straße.
Auch die Betreiber des »Köpi« im Zentrum der Stadt warten zur Zeit
gespannt, ob sich ein neuer Besitzer findet. Bislang sind die Versuche
der Commerzbank, das Haus zu versteigern, gescheitert. Das »Köpi« bot in
den vergangenen Monaten Anlaß zu einer breiten Solikampagne für den
Erhalt der Kneipe.

Zum anderen werden die Kneipen von gesetzlichen Bestimmungen bedroht:
Wenn die Behörde fragt, wäre dies das Aus. »Wenn dir zum Beispiel das
Bauaufsichtsamt mit baurechtlichen Bestimmungen kommt, bist du völlig
machtlos«, sagt Hannes, Mitarbeiter in einem Kneipenkollektiv. In der
»Kaderschmiede« war die Stimmung nach der Schließung nicht allzu
gedrückt: Zu illusorisch ist der Wunschtraum, den mancher
Hauptstadtpolitiker haben mag. Für eine sterile Innenstadt, frei von
besetzten Häusern, Wagenburgen und nun auch Alternativkneipen gibt es in
Berlin einfach zu wenig Wohlhabende. Auch ist die Szene bisher flexibel
genug, anderswo neue Treffpunkte zu etablieren.

Daß es auch anders als mit Konfrontation geht, wird derzeit im Bezirk
Prenzlauer Berg gezeigt: Dort haben junge Leute zu neuen Methoden
gegriffen und mit einer symbolischen Besetzung, prominenter Fürsprache
und Pressearbeit auf den jahrelangen Leerstand eines Hauses aufmerksam
gemacht, das sich im Bundesbesitz befindet. Um preiswerten Wohnraum zu
gewinnen, treffen sich die »Hausbesetzer«, das Bezirksamt und Vertreter
des Bundesvermögensamtes dort zu einem Runden Tisch.

siehe auch: http://www.stressfaktor.squat.net


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