118

Nach den Urteilen gegen Besetzer und Hausräumung (TAZ, 29.1.81)

    Seit Donnerstag nacht kracht es wieder in Berlin. Hunderte von Fensterscheiben in fast allen Bezirken gingen zu Bruch, der Sachschaden wird auf mehrere Millionen geschätzt. Etwa 100 Personen hat die Polizei, größtenteils willkürlich festgenommen. Die vielen dezentralen Aktionen sorgten für erhebliche Verwirrung und blinden Reaktionen.


Nach 20 Minuten war die Polizei da (TAZ, 2.2.81)

    Wilsnacker Straße 15 geräumt

Der Eigentümer des Hauses Wilsnacker Straße 15 ist vielen Moabitern wohlbekannt Firma Kurt Franke Grundstücksgesellschaft mit beschränkter Haftung (Sitz: Hardenbergstr. 12). Als Sanierungsträger ist er in verschiedenen Sanierungsgebieten in Moabit tätig. Nach Informationen der dort tätigen Mieterinitiativen gehören ihm ca. ein Drittel aller Häuser in diesen Gebieten.

Seine rigiden Entmietungspraktiken sind vielen bekannt. Unter anderem ist er auch Eigentümer der ehemaligen Schultheiss-Brauerei in Moabit, die nach dem Willen vieler engagierter Gruppen bald als "Kulturbrauerei" wieder ihre Pforten öffnen soll.

Verschiedene Ex-Stadträte und ehemalige Abgeordnete - hauptsächlich von der SPD - arbeiten für Franke.

Für alle leerstehenden Wohnungen hat er bereits vorsorglich Strafanträge gegen eventuelle Instandbesetzer gestellt. Die Polizei zeigte sich am Freitagabend von den Strafanträgen des Kurt Franke so beeindruckt, daß sie sofort räumen ließ. Und dies, obwohl der neue Senat bereits verkündet hatte, daß kein besetztes Haus in einer Nacht- und Nebelaktion geräumt werden solle, und sicheren Informationen zufolge soll zumindest der Bausenator versucht haben, die Räumung zu verhindern. Aber, das zeigen die Ereignisse der letzten Tage: In Berlin regiert derzeit nicht der Senat, sondern offensichtlich nur Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte.

Die Instandbesetzer haben auf jeden Fall seit Freitag abend viele neue Sympathisanten in Moabit. Denn alle von uns am Samstag und Sonntag angesprochenen Anwohner der Wilsnacker Straße, die Augenzeugen der Räumung waren, bekundeten ihr Unverständnis: "Die Instandbesetzer haben nichts kaputtgemacht. Erst die Polizei zerschlug Türen. Wir verstehen nicht, daß man diese jungen Leute wie Verbrecher abgeführt hat".

taz

    Chaos, Wut und Scherben

     

<- back