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Der Tod von Klaus-Jürgen Rattay

Unterschiedliche Angaben zu dem
Todesfall auf der Potsdamer Straße

Maskierter Jugendlicher von einem BVG-Bus überfahren

Über den Todesfall im Zusammenhang mit den Krawallen an der Bülowstraße liegen unterschiedliche Angaben vor. Nach einem am Abend von der Polizei veröffentlichten Bericht war der 18jährige Klaus Jürgen Rattay gegen 14 Uhr 15 unter einen Bus der Linie 48 gerutscht, nachdem er versucht hatte, die bereits durch Steinwürfe beschädigte Frontscheibe des Busses weiter zu zerstören. AL-Sprecher gaben dagegen "nicht gesicherte" Augenzeugenberichte weiter, nach denen der Jugendliche aus einem Handgemenge mit der Polizei heraus vor den Bus gestoßen worden sei und daß der Fahrer dann losgefahren sei. Nach anderen Angaben war der Busfahrer voll auf den auf der Kreuzung stehenden Jugendlichen losgefahren.

Die Polizei veröffentlichte unter Berufung auf verschiedene Zeugen folgenden Bericht: Der Bus 48, der auf der Potsdamer Straße in Richtung Potsdamer Platz fuhr, sei im Kreuzungsbereich mit der Bülowstraße mit Steinen beworfen worden, woraufhin er die Fahrt verlangsamte. Er sei dann erneut in einen Steinhagel geraten, wodurch unter anderem die Frontscheibe und die Seitenscheibe neben dem Fahrer zerstört wurden. In diesem Augenblick sei der mit einer Kapuze maskierte Rattay über das Begrenzungsgitter der Bülowstraßen-Mittelinsel geklettert und auf die Stoßstange des Busses gesprungen. Er habe versucht, die Frontscheibe weiter zu zerstören.

"Offensichtlich versuchte der Fahrer, aus dem Gefahrenbereich herauszukommen", heißt es dann weiter. Dabei sei Rattay von der Stoßstange abgerutscht und vor ein Vorderrad geraten. Der Bus habe ihn 80 Meter weit mitgeschleift. Passanten hätten den Fahrer dann auf das Geschehen aufmerksam gemacht. Er habe angehalten und dann mehrere Meter zurückgesetzt.

Innensenator Lummer gab auch eine Darstellung weiter, nach welcher der Unfall sich beim Zurücksetzen des Busses ereignet habe. Die BVG machte keine Angaben zu dem Vorfall. Der Busfahrer konnte nach Lummers Angaben noch nicht ausführlich befragt werden, da er unter Schock stehe

Ein Augenzeuge gab dem Tagesspiegel am Abend eine ganz andere Darstellung: Rattay habe zu der Menge gehört, die von der Polizei in der Bülowstraße in Richtung Potsdamer Straße getrieben worden sei. Als der Bus kam, habe er auf der Kreuzung gestanden, zunächst mit dem Rücken zu dem Fahrzeug, dann mit dem Gesicht. Der Busfahrer sei voll auf ihn zugefahren und habe Rattay frontal erfaßt. Bis zu diesem Zeitpunkt sei der Bus nicht mit Steinen beworfen worden. Der Bus sei trotz des Anpralls weitergefahren, habe dann zwar kurz abgebremst, aber seine Fahrt fortgesetzt, bis er von Passanten gestoppt wurde. Erst dann sei er durch Steinwürfe beschädigt worden. Diese Version, daß Rattay ohne weiteres überfahren worden sei, veröffentlichte am Abend auch ein "Ermittlungsausschuß" unter Berufung auf 25 Zeugen. (Tsp- /dpa)

 

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