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Der Tod von Klaus Jürgen Rattay

Um 14 Uhr trifft Innensenator Lummer vor dem Haus Bülowstraße 89 ein, um in dem gerade geräumten Haus eine Pressekonferenz abzuhalten. Ungefähr 60 Leute befinden sich zu der Zeit auf dem Mittelstreifen vor dem Haus. Die nördliche Fahrbahnhälfte zwischen Frobenstraße und Potsdamer Straße ist durch Wannen und B... abgesperrt. Lummer läßt sich am Fenster (und auf dem Balkon) blicken. Die Menge vor dem Haus bekommt Zulauf und fordert Lummer mit Sprechchören zum Verlassen des Hauses auf.

Ca. 5 Wannen, die vom Nollendofplatz gekommen sind, sperren jetzt auch die südliche Bülowstraße in Höhe Frobenstraße ab, und die B... bilden Ketten. Es befinden sich ca. 200 Leute vor der Bülowstraße 89. 10 Minuten nach Lummers Erscheinen beginnen die B... mit Knüppeleinsatz den Mittelstreifen in Richtung südliche Fahrbahn zu räumen. Bis zu diesem Zeitpunkt sind nach übereinstimmenden Zeugenaussagen keine Steine geflogen. Beobachtet wurde lediglich eine einsame Coladose, die auf die B... kette geflogen ist. Eine allgemein verständliche, laute Aufforderung zum Räumen wurde ebenfalls nicht vernommen. Nur einige Zeugen nahe der B... kette vernahmen eine undeutliche Aufforderung.

Die Menschen werden gegen die weißen Geländer am Fahrbahnrand gedrückt. Hier gibt es die ersten Verletzten, und eine leichte Panik macht sich breit. Völlig unvermittelt rückt nun die B...kette aus Richtung Frobenstaße vor und treibt die Leute, die nun vollends in Panik geraten, auf die Kreuzung Bülow/Ecke Potsdamer Straße, die für den Verkehr nicht abge

Als Lummer gegen 14.00 Uhr in das Haus gebracht wurde, diskutierte ich an der Ecke Potsdamer/Bülowstraße mit Passanten und Polizisten. Die Situation war relativ ruhig. Soweit ich von dort hören und beobachten konnte, wurde die Provokation von Lummer lediglich mit Sprechchören beantwortet. Dies bestätigte sich auch dann, als ich mich wieder vor das Haus begeben hatte. Ich habe keinen einzigen Stein, keine einzige Getränkebüchse durch die Luft fliegen sehen. Sogar die Sperre wurde - trotz dieser schlimmen Provokation durch Lummer - nicht angegriffen. Ich war kaum zwei Minuten vor dem Haus, als die Polizisten unvermittelt damit begannen, mit unglaublicher Brutalität auf uns einzuprügeln. Ich hatte Todesängste in diesem Moment und wollte so schnell wie möglich fliehen. Zunächst kam ich aber nur bis zu dem Gitter zwischen Mittelstreifen und Straße. Die Hände hatte ich zum Schutz über den Kopf verschränkt. Als es möglich wurde, rollte ich mich förmlich durch die anderen Leute durch. Mit einem Schwung durch das Gitter. Gerade im letzten Moment, denn der Schlag eines Polizisten konnte mich durch die schnelle Vorwärtsbewegung nur noch am rechten Oberschenkel treffen. Dieser schwoll so sehr an, daß ich später kaum die Hose ausziehen konnte...."

"... um die Mittagszeit des 22.9.1981 stand ich in der Menge protestierender Menschen schräg gegenüber der geräumten Bülow 89, unter der Hochbahn in Richtung Frobenstraße. Sprechchöre der versammelten Menschen: "Lummer raus", "Sieg Heil, Heinrich" etc., als plötzlich ohne Vorwarnung ein Knüppeleinsatz in unsere Richtung erfolgte. Ich blieb bei einer älteren Frau stehen, während die Polizei die Menschen rechts und links an

 

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