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"Ich stand nachmittags mit Freunden vor dem geräumten Haus an der Bülowstr. 89. Lummer war gerade im Haus drin. Sprechchöre 'Lummer raus!' etc. Plötzlich wurde ich nach hinten gedrängt, obwohl alles noch ruhig war, sah einzelne Leute rennen, B... hinterher. Ich kletterte über das weiße Geländer und rannte mit einem Freund Richtung Potsdamer Straße. Dort blieb ich auf der Straße stehen, vor dem Türkenbazar. Ich sah, daß B... die Menschenmenge links von mir zur Potsdamer Straße trieben. Ich ging wieder ein paar Schritte zurück in die Mitte der Straße. Wir schauten nach links und sahen plötzlich den Bus, der vorher vor der Kreuzung stand, voll losfahren. Ich begriff es nicht! Die ganzen Leute wurden zur Potsdamer Straße getrieben und der Bus fuhr los. Ich konnte zur Seite springen - die Leute schrien - Klaus-Jürgen war etwa 3 Meter von mir entfernt, aber in der Mitte der Straße! Er sah den Bus nicht rechtzeitig, weil er sich noch zur Bülowstr. 89 gewandt hatte und noch rief. Er trug eine schwarze Mütze. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden keine Scheiben des Busses eingeschlagen. K.J.R. wurde voll vom Bus erfaßt, hochgehoben, wobei sein Kopf durch die Scheibe zu sehen war! Die Frontscheibe ging kaputt. Plötzlich war das Gesicht weg. Der Busfahrer fuhr weiter. Mehrere Leute rannten hinter dem Bus her, schrien: 'Anhalten, anhalten!' Einige sprangen hoch und schlugen die Scheiben ein. Der Bus fuhr, aber die Straße blieb leer. Auf der anderen Straßenseite hielt der Bus an, fuhr zurück und ich sah einen Menschenkörper liegen. Ich rannte hin - den Kopf konnte ich nicht mehr richtig sehen - ich weiß nicht, ob aus Entsetzen oder weil alles voller Blut war. Er lag auf dem Bauch. Unten floß Blut, Blut raus. Ich sah seinen Rücken, grau grün zerquetscht. Wir rannten herum und schrien: 'Er ist tot!' Wir konnten es nicht verstehen. Erst dann fingen Vermummte an, die Scheiben der Bank einzuwerfen. Ich setze mich - und Schock..." "Am Nachmittag kam es vor dem geräumten Haus in der Bülowstraße zu einer Ansammlung von Demonstranten, als Lummer die Dreistigkeit besaß, in Siegerpose dort aufzutreten. Sprechchöre waren offensichtlich der Anlaß für die Polizei - entgegen den Radiomeldungen flogen keine Steine - unterm Etikett 'Räumen!' mit größter Brutalität auf die Leute einzuschlagen. Sie wurden von der Polizei auf die Potsdamer Straße gejagt. Ich befand mich bereits auf der anderen Seite, auf dem Gehweg unter der Hochbahn, als ich sah, wie plötzlich ein bisher haltender BVG-Doppeldecker anfuhr, direkt in die fliehenden Demonstranten. Der dann totgefahrene junge Mann riß kurz vor dem Aufprall, wahrscheinlich vor Schreck, beide Arme hoch und schlug dann mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe, die dabei zu Bruch ging. Er fiel um und kam direkt unter den Bus. Aber statt zu halten, gab der Fahrer noch Gas und schleifte den jungen Mann auf dem Boden mit, bis er dann vor der Commerzbank zum Stehen kam. Viele Leute brüllten dann vor Entsetzen 'Halt!' und rannten auf den Bus zu, um dem Fahrer klarzumachen, daß er halten solle. Dies wertete die Polizei wiederum als Angriff auf den Bus und schlug auf diejenigen, die helfen wollten, ein. Alle Beschädigungen am Bus fanden nach dem Unfall statt! Eine lange schwarze Spur rührte von der Lederjacke des Toten her, Bremsspuren des Busses waren keine zu sehen..." |
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