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"Während sich Herr Lummer bei einer Pressekonferenz in der Bülowstr. 89 aufhielt, stand ich auch mit anderen Demonstranten unter der U-Bahnbrücke. Als Herr Lummer mit Presseleuten an das Fenster kam, wurden Parolen geschrien und gepfiffen. Plötzlich fing die Polizei an loszustürmen und die Leute auf die, rechte Fahrbahn der Bülowstraße in Richtung Potsdamer Straße zu treiben. Die meisten Beteiligten mußten über ein Geländer klettern. Trotz dieser Tatsache fing die Polizei furchtbar an zu knüppeln und nahm darauf überhaupt keine Rücksicht. Ich konnte dabei auch beobachten, daß einzelne Polizisten andere Polizisten zurückhalten mußten, weil manche Polizisten besonders rücksichtslos drauf losschlugen. Ich bin dann nahe an die Potsdamer gerannt (etwa Fahrbahnmitte) und konnte sehen, wie ein junger Mann, der auch auf die Kreuzung gerannt war, von der Frontseite eines BVG-Busses ergriffen worden ist. Der Bus, der vorher noch relativ langsam fuhr, gab plötzlich Gas und fuhr schnell über die Kreuzung. Ich bin dann auch über die Kreuzung Potsdamer Straße gerannt und sah, wie einzelne Demonstranten versuchten, den Bus anzuhalten und dabei Fenster des Busses demolierten. Als der Bus zuerst anhielt und dann zurückfuhr, sah ich, daß jemand auf dem Boden lag. Währenddessen knüppelten die Polizisten auf die Leute um den Bus los. Zuerst auch auf die Leute, die sich um den - wie sich später rausstellte - Verletzten kümmerten. Erst nach einigen Sekunden zog sich die Polizei wieder auf die Kreuzung Bülow-/Ecke Potsdamer Straße zurück. Ich rannte dann auch auf die rechte Fahrbahn der Potsdamer Straße und sah, daß der junge Mann schwer blutend auf dem Boden lag. Als ich sah, daß ein furchtbares Chaos entstanden war und niemand dem Verletzten helfen konnte, wollte ich versuchen, nach einem Krankenwagen zu telefonieren. Ich rannte schreiend in eine Kneipe, auf der rechten Seite der Potsdamer Straße und schilderte, daß jemand am Verbluten sei, und ich deshalb dringend einen Krankenwagen rufen wolle. Die Leute ließen mich trotz wiederholter Bitte nicht an das Telefon und katapultierten mich mit Argumenten wie 'Da soll sich doch die Polizei drum kümmern' oder 'der soll doch ruhig verbluten' aus der Kneipe. Das Personal eines Reisebüros, zu dem ich dann rannte, ließ mich dann zwar nicht rein, rief aber offensichtlich an, nachdem ich von außen erklärt hatte, was los war. Bis dann der Krankenwagen kam, verging noch eine ganze Weile." "Ich befand mich auf dem Mittelstreifen unter der Hochbahn, gegenüber eines Hauses, das offensichtlich von der Polizei geräumt worden war. Äußerungen umstehender Menschen entnahm ich, daß sich der Herr Innensenator Lummer im Haus befände. Das Haus selbst war durch starke Polizeikräfte abgeriegelt.Plötzlich rückten aus Richtung West Polizeiketten an, die ohne Vorankündigung die Menschen und auch mich erst in Richtung Kreuzung Potsdamer Straße, dann gänzlich vom Mittelstreifen abdrängten. Ich kam so auf die südliche Straßenseite, im Laufschritt wurden Demonstranten und auch unbeteiligte Passanten vorangedrängt. Betonen möchte ich, daß ich zu diesem Zeitpunkt trotz intensiver Beobachtung keinerlei Gewalttätigkeiten von Seiten der Demonstranten beobachten konnte. |
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