Ausweis zur Hand, besteht jedoch darauf, die Dienstkarte des Beamten ausgehändigt zu bekommen. Der erklärt ihr stattdessen die Festnahme. Einige Jugendliche versammeln sich um die Szene, der andere Beamte ruft über Funk Verstärkung. P. W.: »Der stieg dann aus, packte das Vorderrad vom Fahrrad und zerrte daran.« I. H. fällt vom Rad, wird von den beiden Beamten festgehalten und in den Funkwagen-VW- Bus geworfen. Verstärkung trifft ein.

C. G.: »Ein Beamter in Zivil warf einen umherstehenden Jugendlichen so ganz nebenbei zu Boden. Der rappelte sich auf und sagte, daß er Anzeige erstatten wolle. Der Polizist lachte nur darüber.« Es kommen behelmte Beamte hinzu, sogar zwei Hundeführer. Die Beamten drängen die Jugendlichen zur Seite. Ein Mädchen bleibt dabei wie gelähmt stehen: die fünfzehnjährige Schülerin Y. Sch. P. W.: »Ein Beamter hat das Mädchen unheimlich brutal gepackt, herumgeschleudert und anschließend auf ein geparktes Auto geknallt.« C. G.: »Seine Kollegen haben ihn daraufhin allerdings zurückgerufen, und er ist dann auch in ein Polizeiauto gestiegen.« Währenddessen schlagen Polizisten nach Darstellung der Zeugen noch im Funkwagen auf die bereits festgenommene I. H. ein, treten auch nach ihr.

Wütende Jugendliche nehmen Steine zur Hand und bewerfen schließlich die abfahrenden Polizeifahrzeuge. Y. Sch.: »Ich stand etwas benommen und unschlüssig herum, wußte einfach nicht, was ich jetzt tun sollte, hab auch gar nicht verstanden, was das mit den Steinen sollte. Zum Glück kamen zwei Freunde mit einem Auto vorbei, und da bin ich dann eingestiegen.« Die drei versuchen, aus dem Tumult herauszufahren und steuern Richtung Oranienplatz. Nach ein paar hundert Metern wird das Auto von einem Zivilwagen der Polizei gestoppt, zwei Beamte springen heraus, reißen die Tür des VW- Käfers auf und fordern den 21jährigen Geschichtsstudenten T. H., seinen Freund R. K. und Y. Sch. mit gezogenen Pistolen auf auszusteigen. Die drei müssen sich in einem Gruppenwagen auf den Boden legen. Y.: »Sie zogen mich an den Haaren und stellten die Stiefel auf uns drauf.« In der Gefangenensammelstelle >Gesa< in der Friedensstraße werden die drei getrennt verhört. Ihnen wird zur Last gelegt, mit Steinen geworfen zu haben. »Damit haben wir nichts zu tun«, sagen die drei. Sie erhalten dennoch Anzeigen wegen Landfriedensbruch. Y.: »Ich habe die Beamten dort gefragt, wo meine Freunde sind. Der eine sagte: >Die werden gerade an die Wand gestellt!< und sein Kollege ergänzte: >Hoffentlich machen sie das mit Dir auch gleich!< « Nach dem Verhör fordern die Beamten die 15jährige auf, mit ihnen zu kommen. Y.: »Ich wußte nicht, wohin die mich führen und hab' sie danach gefragt. Da sagt der eine: >So, jetzt kommst du in die Gaskammer. Das ist das einzige, was man mit so einem Pack wie euch machen kann.<« Sie darf nach Hause gehen.

Ein paar Tage später sagt mir Stabführer G., Leiter des Einsatzes und Chef über 600 Polizisten der Kreuzberger Einsatzbereitschaften, stolz beim Kaffee: »Tja, wir hatten vier Festnahmen. Ganz schöne Burschen, praktisch der harte Kern dieser militanten Gruppe ... Übrigens, heute ist doch Ihr letzter Tag bei uns, nicht wahr? Da lade ich Sie gern zum Schießen ein!« Im Trainingskeller ballert H. los, daß einem die Ohren weh tun. Seine Trefferquote: fast Null. Der Mann feuert einfach zu schnell.

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