raum - »nur weil de noch keen Job hast, und weil se dich da freistelln,
für diese Scheiße, den Sport?«. Sie stehn sich gegenüber,
sehen einander an, und Kai erinnert sich daran, wie Küchler ihn gefragt
hat: Ej, Alter, woher habt ihr eijntlich dit Jeld? Ick meine: den Schotter,
arbeitet eijntlich keener bei euch?
Wir haben unsre Methoden, hat Kai antworten wolln, und hat es gelassen,
weil er genau hat fühlen können, wie Küchler unsre Methoden
zwischen den Zähnen zerkaut. Er hat gesagt: Manchmal arbeiten wir,
und dann ist in Küchlers Augen das Manchmal, dieses Manchmal zu einer
stillen Blase geworden, die am Ende auch zerplatzt.
Küchler reibt sich mit dem Daumen links über den Lippen am Schnurrbart:
»Is ja schon jut, reg dir nich uff, bleib janz ruhig, ick wollte
ja nur ma sagn, daß die dit, die Bullen, ooch anders, ej, sehn.«
Pause. Nebenan in der Dusche wird die Melodie der Rasierklingenwerbung
erst nur gesummt, dann auch gepfiffen: WIR KREUZEN UNSERE KLINGEN
FÜR SIE. Beide halten die Augen gesenkt. Der weiche Atem des
Wasserdampfes kriecht durch den Spalt zwischen Boden und Tür. Aber
die Bullen, brubbelt Küchler. Sag nichts mehr, brummt Kai, sondern,
zischt Kai, frag mich.
Und jetzt fragt Küchler nichts mehr, doch als sie die Halle betreten
- »Sagenhaft, Alter, die Bräute in ihren neuen Leuchttrikots!«
- sagt Küchler, kurzer Überschlag: »Schätzchen, ick
bin der Schönste!« - wo is'n überhaupt, fragt Küchler,
der Kleene? ... Der, der so ville jeschwafelt hat, der immer so 'n Zeug
reden mußte? Der war doch schon seit Wochen, seit Monaten nich mehr
hier.
Schwungstemme vorwärts, Kreishocke, vom Barren, halbe Drehung, kurz
Hampeln, fester Stand. Kai kickt gegen die Mattenbahn, saugt den Geruch
der Halle, Kolophonium und Magnesia, langsam in sich auf und nuschelt:
Weeß ick nich, bevor er anläuft und - ein, zwei, drei, vier
Tippelschritte - vom neuen Minitrampolin, eineinhalb Salto vorwärts,
in die Weichturnmatte springt.
»Weeß nich, wo der Kleene is!« ... Ausatmen, dann bleibste
liegen, um dich zu entspannen, satt wie Wurst im Schlafrock, Schaujummiflocken
statt Senf.
Mußte doch wissen, mosert Küchler und meint immer noch den
Kleinen, so daß Kai erschrocken aus der Weichturnmatte auffährt,
der wollte doch, knurrt Küchler, nachdem Kai sich erhoben hat, dauernd
jenauso sein wie du, Küchler schaut Kai an und räuspert sich,
bis hoch, wa, Alter, in die Haare, jenauso sein wie du.
Ich weiß es aber trotzdem nicht, sagt Kai verquetscht und grunzt,
während sie nach und nach - »drück ma 'n bißchen
in' Spagat« - mit dem Aufwärmen beginnen, grummelt noch mal:
Keine Ahnung, denkt: Was soll ich den noch sehn? knurrt noch: Freund der
Bullen! - Küchler murrt, Kai hört ihn grübeln - »Wat
soll'n dit jemurmel? Du mußt ja nüscht erzählen, Alter,
dit mußte ja nu nich«. Dann kippt er flink an Kai vorbei,
aus der Kerze knapp nach vorn, klappt beide Beine auf die Brust, schnappt,
Nackenkippe, in den Stand und läuft, »schon jut, mein Alter«,
zu den Geräten vor.
Und Kai, der nichts erwidert hat, und den der Tote: RAFft euch auf, zwischen
den Barrenholmen, beiläufig nur, bestaunt, merkt, wie die Ruhe sehr
allmählich zu ihm zurückgekrochen kommt, ähnlich dem warmen
Gefühl nach dem Vögeln, träger Moment.
Monate vorher: Was ist das, fragt Manuela und fährt mit den Fingern
vorsichtig über die Kante eines Kastens, die Fingerkuppen färben
sich vorn an der Spitze weiß. Magnesia, sagt der Kleine, es gibt
einen besseren Griff. Und zirkuliert, fügt Kai hinzu, aufgewirbelt,
umgewälzt, hier durch die Klimaanlage, Steinstaublunge in Hell, er
lacht, das Gelbe, das wie Bernstein ist, das nennt man Kolophonium - du
kannst dich dahin setzen, da auf die Bank, um zuzusehn. Sehr hübsch,
sagt Manuela, die Frauen hier sind Mädchen und biegen ihre Rücken
rückwarts zu runden Reifen, dazwischen ist ein Loch... wie Würste
beim Metzger! - Haha, sagt der Kleine, er feixt, verrutschtes Grinsen,
sehr witzig, sagt der Kleine, urkomisch finde ich das. Gelbe Locken, lange
Haare, grüne Strähne, schwarzes Band,
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