Am 16. Oktober 1994 gehen die Grünen als die
eigentlichen GewinnerInnen aus der Kommunalwahl in Düsseldorf
hervor. Sie können ihren Stimmenanteil auf 12,66 % steigern und
beschließen eine Zusammenarbeit mit der SPD (41,5%). [1422]
Ob mit dieser neuen Mehrheit im Rat die ‘Weichen’ für eine
ökologischere und sozialere Politik gestellt sind, darf
angesichts der bisherigen Politik beider Fraktionen und der
Arbeitsergebnisse des Bündnisses getrost bezweifelt werden. Zu
dem politischen Unwillen von maßgeblichen Kreisen in der SPD,
eine Kurskorrektur vorzunehmen, gesellt sich eine Grüne
Ratsfraktion, die ebenfalls nicht zu fundamentalen Änderungen
neigt, sondern eine betont pragmatische Politik betreibt. [1423]
Dazu kommt eine Haushaltssperre, die vom Stadtkämmerer am 10.
Oktober 1995 für sämtliche Ressorts verhängt wird. “Ein
erneuter Steuereinbruch läßt bis Jahresende im schlimmsten Fall
ein Loch von 200 Millionen Mark befürchten .”[1424] Die Stadt ist demnach
pleite, Verteilungsspielräume sind praktisch nicht mehr
vorhanden.
Gleichzeitig, so bestätigt es die ‘prognos-Studie’ von 1992,
[1425] ist Düsseldorf eine
reiche Stadt. Die Bruttowertschöpfung lag 1988 mit 62.894 DM je
EinwohnerIn doppelt so hoch wie im Durchschnitt der BRD und
deutlich höher als in vergleichbaren Städten in NRW. [1426]
Aber: In welche Bereiche wurde in den letzten Jahren investiert?
Wie sieht die ökonomische und soziale Situation Anfang bis Mitte
der neunziger Jahre aus?
Wir werden nun zunächst den Ist-Zustand der Landeshauptstadt
kurz beschreiben. Danach werden wir uns einigen Aspekten der
Stadtplanung, unter besonderer Berücksichtigung der Planungen in
Unterbilk (südlicher Bereich des Rheinufertunnels) und in
Oberbilk/Flingern (IHZ- und VKW-Gelände) widmen.
[1422] Die CDU erhält bei diesen Wahlen 39,65 %, die FDP und
die rechtsradikalen ‘Republikaner’ (bzw. deren Abspaltung ‘Freie
Wählergemeinschaft’) sind nicht mehr im Stadtrat vertreten.
Von 1989 - 1994 bildeten die fünf rechtsradikalen Ratsmitglieder
der ‘Republikaner’, die sich schon kurz darauf zerstritten
und in drei (!) Gruppen aufspalteten, das ‘Zünglein an der
Waage’. In diesen fünf Jahren redete vor allem die CDU viel
von der ‘Fraktion Düsseldorf’ (damit waren vor allem die
Parteien CDU und SPD gemeint, die eine Art ‘Große Koalition’
zum ‘Wohle der Stadt’ bildeten), klüngelte aber hinter
verschlossenen Türen - z.B. anläßlich der Wahl des neuen
Oberstadtdirektors Peter Hölz (CDU) - mit den ‘Rep’-Nachfolgern,
vgl. Trudewind, A., Düsseldorf 1945-1994; Weidenhaupt, H.,
Kleine Geschichte der Stadt Düsseldorf, 10. Aufl., S. 244, sowie
Terz, 2/93, S. 27.
[1423] “Die Zustimmung [der Grünen] (...) zu
Großprojekten, wie dem Rheinufertunnel, wird im Nachhinein
bedauert. (...) Die Zustimmung zur Privatisierung der Rheinbahn
(...) mit ihren Folgen für die Beschäftigten sei kein Zeichen
einer ideologische Wende. Karen-Jungen: ‘Hätte die Abstimmung
eine Woche später mit anderen Leuten stattgefunden, hätte auch
ein anderes Ergebnis herauskommen können’” , Terz,
10/94, S. 20.
[1424] RP, 11.10.95.
[1425] Gemeint ist die Studie “Standortbestimmung der
Landeshauptstadt Düsseldorf im neuen Europa” der Prognos
AG, Köln, im Auftrag des Oberstadtdirektors der
Landeshauptstadt. Die am 21.9.1992 veröffentlichte Untersuchung
beinhaltet: Teil 1 (Ist-Analyse: Düsseldorf im Jahre 1992) sowie
Teil 2 (zwei Szenarien für Düsseldorf im Jahre 2010). Das
Prognos-Institut bezeichnet sich selbst als “Europäisches
Zentrum für Wirtschaftsforschung und Strategieberatung” .
[1426] Vgl. prognos 1, S. 9.