2.3 Die soziale Situation

Mit über 25.000 Arbeitslosen - das sind 11,5% - liegt die Stadt über dem NRW-Durchschnitt. [1439] Von den ca. 45.000 SozialhilfeempfängerInnen sind 10 % unter 25 Jahren. [1440] “Ein Vergleich der Gesamtausgaben im Einzelplan 4 - soziale Sicherung - des Haushaltsplanes der Stadt Düsseldorf zeigt, daß die Aufwendungen in Düsseldorf gegenüber vergleichbaren Nachbarstädten relativ gering waren .”[1441]
Über 7.300 Haushalte suchen nach offiziellen Zahlen eine bezahlbare Wohnung in Düsseldorf. Nach Aussagen von Sozialdezernent Paul Saatkamp (SPD) mußten im Dezember 1994 4.300 Menschen auf der Straße oder in Notunterkünften leben. Jährlich wächst diese Zahl um ca. 200 Personen. “Die Wohnungsmieten zu den fünfthöchsten im Lande, bei 12 Mark kalt liegt der Durchschnitt, 20 Mark bei Neuvermietungen sind keine Seltenheit .”[1442]
Lediglich 640 der 1994 vom Bauamt genehmigten 3.000 Wohnungen wurden öffentlich gefördert. Angesichts der hohen Mieten bei den restlichen 80 % freifinanzierten Wohnungen reicht diese Zahl bei weitem nicht aus, um den Bedarf vor allem an bezahlbarem Wohnraum zu decken. [1443] Gleichzeitig wird massenhaft preiswerter Wohnraum zerstört, weil mit Luxussanierung und Zweckentfremdung von Wohnungen - z.B. zu Gewerbezwecken - wesentlich höhere Profite zu realisieren sind. [1444] Allein 1994 sind davon nach Angaben des Wohnungsamtes 4.837 Wohnungen betroffen. [1445]

2.3.1 Lebensqualität und Entwicklungsoptionen

Eine Untersuchung zum Wohnwert der Düsseldorfer Stadtteile aus dem Jahre 1985 belegt, daß sich 21 % der Bevölkerung durch den Verkehrslärm sehr stark oder stark gestört fühlen. Von 16 % wurde die durch Gewerbebetriebe verursachte Luftverschmutzung als sehr stark oder stark empfunden. [1446] Die relativ hohe Mobilität der BürgerInnen “resultiert - positiv ausgedrückt - aus der Verfügbarkeit und guten Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen und aus der Verbesserung des Wohnumfeldes; sie ergibt sich - negativ ausgedrückt - als Reaktion auf schlechte Bedingungen im Wohnumfeld, denen man (im Jahre 1985!) ausweichen kann .”[1447] Im übrigen identifizieren sich die DüsseldorferInnen mehr mit ihren Stadtteilen, als mit der Gesamtstadt.
Die ‘prognos-Studie’ kommt zu dem Schluß, daß Düsseldorf nicht nur Wirtschaftszentrum, sondern eben auch eine echte Wohn- und Lebensstadt mit entsprechend einheimischer Bevölkerung ist. “Für ein Düsseldorf als eine Art Manhattan, wonach - regional gesehen - in der Kernstadt Düsseldorf demnächst nur noch Büros und wenige teure Wohnungen vorhanden sind, während die Bevölkerung in den jetzigen Umlandgemeinden wohnt, besteht kein wirklicher Ansatz. In Düsseldorf bestehen (noch) eine Vielzahl von privaten und öffentlichen Aktivitäten, die die (bisherigen) Wohn- und Lebensqualitäten erhalten .”[1448]
Auch wenn es zutreffen mag, daß die Mehrzahl der ‘einheimischen DüsseldorferInnen’ mit der vom prognos-Institut beschriebenen ‘Entwicklungsoption Manhattan’ nicht einverstanden ist, so kann doch nicht übersehen werden, daß Unternehmensleitungen, StadtplanerInnen, Verwaltung und PolitikerInnen an genau diesem Düsseldorf der Wirtschaft und des großen Geldes eifrig basteln. Anhand einiger Beispiele werden wir das in den nächsten Kapiteln deutlich machen.


[1439] Die Arbeitslosenquote in NRW lag 1994 bei 10,7 %, vgl. Statistisches Bundesamt, Datenreport 1994, S. 93.
[1440] “Jährlich kommen etwa 400 HauptschulabgängerInnen dazu ”, Terz, 6/94, S. 17.
[1441] prognos 1, S. 47. - In Düsseldorf betrug dieser Anteil 20,56 % des Verwaltungshaushaltes, in Köln 24,81 % und in Duisburg 22,72 %. Nach dem Düsseldorfer Haushaltsplan 1991 (Abb. 10) beträgt der Ansatz für Leistungen der Sozialhilfe, inclusive der Zuschüsse an Einrichtungen, 405 Mio. DM, davon sind 268 Mio. DM ‘Hilfen zum Lebensunterhalt und in besonderen Lebenslagen’ (nach BSHG).
[1442] Terz, 6/94, S. 17.
[1443] Die RP berichtet am 21.4.1994 unter der Überschrift “Sozialer Wohnungsbau bleibt auf der Strecke” über die Veröffentlichung des jährlichen Wohnungsamts-Berichts, in dem von einem spürbaren Defizit an bezahlbarem Wohnraum die Rede ist: “Ausgerechnet jene, denen sie [die PolitikerInnen; d.V.] im sozialen Wohnungsbau an erster Stelle unter die Arme greifen wollen, werden vorrangig auf der Strecke bleiben. (...) ‘Eine Katastrophe’, klagte Guido Köhler (SPD), daß die Öffentliche Hand ihre Zuschüsse halbiere.”
[1444] So werden Wohnungen an der Kaiserswerther Straße und der Cecilienallee während Modemessen zu ‘Show-Rooms’ umgewandelt. Nur ein kleiner Teil der Fälle wird vom Wohnungsamt erfaßt, vgl. RP, 19.11.94.
[1445] Vgl. Die Grünen Düsseldorf, MAV-Resolution, 9/95.
[1446] Vgl. prognos 1, S. 43.
[1447] Ebenda, S. 43.
[1448] Ebenda, S. 39.


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