Die Geschichte der Düsseldorfer Hausbesetzungen
beginnt im Gegensatz zu den Darstellungen in den wenigen zu
diesem Thema vorhandenen Publikationen nicht erst mit der
Besetzung des Hauses Kronprinzenstr. 113. So berichtet die
Rheinische Post bereits am 20. Juli 1970 von einer “sozialkritischen”
Ausstellung, in der sowohl Photos von Protesten gegen die
Erhöhung von Sozialmieten in Garath wie auch von der “‘Besetzung’
des Hauses Buchholz u.a. Gebäude ” zu sehen sind. Und am
30. September 1970 ist in derselben Zeitung unter der
Überschrift “Aufgeschreckte Mieter wollen jetzt auf die
Straße gehen” zu lesen: “Auch in Frankfurt und
Düsseldorf gab es Applaus, als Studenten leerstehende Häuser
besetzten. Parole in Düsseldorf: ‘Dieses Haus steht leer. Wir
brauchen es .’” Auch in Gesprächen mit ZeitzeugInnen ist
von mehreren Besetzungen in den Jahren 1968-70, etwa in der
Herzogstraße oder in Golzheim in der Nähe des Reeser Platzes,
die Rede. [641] Dabei scheinen
vor allem StudentInnen der Kunstakademie eine große Rolle
gespielt zu haben. Allerdings konnten von uns keine exakten Daten
über Besetzungen in dieser Zeit ermittelt werden. [642]
Bekannt sind jedoch etliche Proteste von
MieterInnen(Initiativen), die sich gegen drastische
Mieterhöhungen zu Wehr setzen. Bereits zum 1. Mai 1968 waren die
Mieten in städtischen Altbauten um 20 bis 25 Prozent und am 1.
Januar 1969 dann nochmals um 10 bis 40 Prozent erhöht worden. [643] Im Oktober 1970
veranstaltet die ‘Mieter-Solidarität Düsseldorf’ zahlreiche
Kundgebungen, unter anderem vor dem Schauspielhaus, malt
Wandzeitungen und prangert in Lautsprecherdurchsagen
Düsseldorfer HausbesitzerInnen an, “Gastarbeiter
unzulänglich untergebracht und Geschäfte mit der Not gemacht zu
haben .”[644] Aus Pappe,
Latten und buntbemalten Zelten wird unter dem Motto ‘Baut euch
eure Häuser selber’ für acht Tage eine Mini-Stadt errichtet.
Bei dieser Aktion gegen Wohnungsnot werden fast 20.000
Unterschriften von sympathisierenden Düsseldorfer BürgerInnen
gesammelt.
Mit ständig steigenden Studierendenzahlen dringt auch das
Problem der studentischen Wohnungsnot immer mehr an die
Öffentlichkeit. In dieser Situation bildet sich 1970 an
Universität und FH eine ‘Aktionsgruppe Studentische
Wohnungsnot’, die in Verhandlungen mit der Stadt zunächst die
Übergabe des städtischen Hauses Neusser Str. 65 erreichen kann.
[645] Danach aber blockt die
Stadt alle weiteren Forderungen nach Wohnungen für die
mindestens 500 wohnungslosen StudentInnen in Düsseldorf ab. [646] Es kommt zu ersten
Demonstrationen und Kundgebungen - so z.B. am 25. Januar 1971 bei
einer Aktion vor einem seit zehn Jahren leerstehenden Privathaus
am Mörsenbroicher Weg. Anläßlich der Demonstration äußert
sich auch der Vorsitzende des Studentenwerks, Helmut Weber: “Eigentum
im Sozialstaat verpflichtet. Was nicht gebraucht wird, sollte den
sozial Schwächeren zur Verfügung gestellt werden .”[647] Zu diesem Zeitpunkt
versuchen die StudentInnen noch, ihre Ziele auf legalem Weg zu
erreichen. “‘Häuser besetzen wollen wir erst, wenn’s
gar nicht mehr anders geht’, versichert die Aktionsgruppe ”.[648]
Ein Jahr später scheint es schließlich nicht mehr anders zu
gehen. Am 09. Mai 1972 wird das Haus Kronprinzenstr. 113 in Bilk
besetzt. Die AkteurInnen - 20 StudentInnen von Kunstakademie, FH
und Universität [649] mit
Unterstützung durch die Asten der Hochschulen (vor allem der
Kunstakademie und der Universität) [650] sowie durch SDAJ [651] und Jusos [652]
- hatten zuvor eine Liste mit über 50 leerstehenden Häusern,
darunter etliche im Besitz der Stadt, erstellt. Auch das Haus
Kronprinzenstr. 113 - vom städtischen Liegenschaftsamt als
Abbruchhaus gekauft - steht zu diesem Zeitpunkt bereits seit
mindestens dreieinhalb Jahren leer [653].
Die Stadt plant, das Haus für die Erweiterung einer angrenzenden
Schule abzureißen.
Unmittelbar nach der Besetzung werden in der NachbarInnenschaft
und im gesamten Stadtgebiet über 8.000 Flugblätter verteilt.
Verwaltung und PolitikerInnen [654]
reagieren zunächst zurückhaltend und auch die Polizei hält
sich völlig im Hintergrund. [655]
Ein damaligen Besetzer: “Nachdem das dann über die erste
Nacht gegangen ist, war über Presse und so einiges an
Mobilisierung gelaufen und das hatte eben sehr, sehr positive
(...) Resonanz - auch in der Nachbarschaft - da wurde das
natürlich immer schwerer, (...) zu räumen (...). In der
Bevölkerung war das sehr gut angekommen, [656] weil die einfach auch alle sauer
waren, daß das Haus da so vergammelt und leergestanden hatte .”[657] Und weiter: “[Es] war
eigentlich relativ schnell klar, daß die einlenken würden, daß
die keine Chance sahen, daß die das so räumen. Das war einfach
nicht durchsetzbar .”[658]
Die Besetzung wird in den nächsten Tagen “von Bilker
Bürgern hilfreich in Wort und Tat unterstützt. (...) Nachbarn
brachten Möbel und stellten ihre sanitären Anlagen für die
Hausbesetzer zur Verfügung. Ein benachbarter Glaser setzte
Scheiben ein. Diese überaus große Solidarität der Bevölkerung
zwang die Stadt, uns das Haus zu überlassen und uns weitere
Häuser zuzusagen .”[659]
Diese Zusage gibt die Stadt den BesetzerInnen jedoch erst nach
längeren Verhandlungen. Die Stadt besteht allerdings darauf,
daß die studentischen BesetzerInnen einen rechtsfähigen Verein
gründen, mit dem weitere Vereinbarungen über die Übergabe
städtischer Abbruchhäuser getroffen werden können. [660]
Für die Kronprinzenstr. 113 wird die Regelung getroffen, daß
die BesetzerInnen keine Miete oder Pacht zahlen, dafür aber - in
dem von Altmetallhändlern fast völlig ‘ausgeschlachteten’
Haus - alle Instandsetzungskosten [661]
selbst tragen müssen. [662]
Am 11. Januar 1973 [663]
wird - einige Zeit nach der erfolgreichen Besetzung der
Kronprinzenstr. 113 - die ‘Aktion Wohnungsnot e.V.’ (AWN)
gegründet. [664] “Es gab
natürlich erst mal die Diskussion darüber, macht man das jetzt
überhaupt, daß man das in einen organisatorischen Rahmen
einbringt und dann mit der Stadt wirklich Verträge schließt -
die ja sozusagen auch als Feind gesehen wurde - oder macht man
das nicht? (...) Oder macht man eben jetzt hier einfach mit
Hausbesetzungen weiter und läßt das Ganze unorganisiert
weiterfahren und geht einfach mit einer Hausbesetzung nach der
anderen durch die Stadt und versucht, das dann zu halten. (...)
Die [Diskussion] ist dann aber relativ eindeutig in
Richtung Verein und Verhandeln gelaufen und nachdem das dann auch
geklappt hat, sah man sich natürlich auch in der Linie
bestätigt, daß es also funktioniert .”[665]
Zweck des neugegründeten Vereins ist die “soziale Betreuung
der Auszubildenden im Gesamthochschulbereich Düsseldorf durch
Wahrnehmung von Aufgaben, die sich aus der Beschaffung von
Wohnraum für die Auszubildenden ergeben .”[666] Folgende Kriterien müssen laut Satzung
beim Einzug in ein AWN-Haus erfüllt werden [667]: “Bewerben können sich alle
Mitglieder des Vereins, deren Hauptausbildungsort der
Gesamthochschulbereich Düsseldorf ist und deren monatliches
Einkommen weniger als 700 DM beträgt .”[668] Bewerbungen werden an den Vorstand
gerichtet, die jeweiligen HausbewohnerInnen haben jedoch ein “Mitsprache-
bzw. Vetorecht bei der Verteilung ”.[669] Der Mitgliedsbeitrag in der AWN beträgt
12 DM pro Jahr. [670] Die
öffentlichen Sitzungen des AWN-Vorstandes finden zu dieser Zeit
- immer in einem anderen AWN-Haus - einmal pro Woche statt.
In der Folgezeit werden der AWN durch das städtische
Liegenschaftsamt Abbruchhäuser zur Nutzung überlassen. Die
Vereinbarungen mit der Stadt sehen vor, daß die StudentInnen,
SchülerInnen und Auszubildenden “mietfrei in zum Abbruch
vorgesehenen Häusern der Stadt wohnen können, jedoch hätten
sie sämtliche anfallenden Kosten selbst zu tragen (was einer
Kostenmiete entspricht) sie sollten einjährige Nutzungsverträge
mit vierteljährlicher Kündigungsfrist (...) und - wenn möglich
- bei Abriss Ersatzwohnraum bekommen .”[671]
So gelingt es der AWN bis zum September 1974, mindestens 16
leerstehende, zum Abriß vorgesehene Häuser für mietfreies
Wohnen nutzbar zu machen:
Unklar ist, wann genau die Häuser Buchenstr. 12
und 14 (Reisholz) hinzukamen.
Die ‘Zusammenarbeit’ mit der Stadt gestaltet
sich nicht immer ganz unproblematisch. Im November 1973
überläßt die Stadt der AWN das Haus Himmelgeister Str. 284.
Das Gebäude soll in absehbarer Zeit für eine
Straßenerweiterung abgerissen werden. Noch bis zum Februar 1974
wohnen ‘alteingesessene’ MieterInnen - zusammen mit
AWN-Mitgliedern - in dem Haus, danach wird es zwei Jahre lang
ausschließlich von 10 StudentInnen und SchülerInnen bewohnt.
1975 teilt die Stadt der AWN mit, daß die geplante Straße nun
doch einen anderen Verlauf nehme und das Haus somit nicht mehr
auf der Abbruchliste stehe. Im November wird der AWN zum Februar
1976 gekündigt: Das Haus soll einer Erbengemeinschaft zum Kauf
angeboten werden. Einsprüche der AWN weist die Stadt mit
folgender Begründung bzw. Drohung zurück: Erstens sei man
schließlich nicht verpflichtet, der AWN zu helfen und zweitens
sehe man sich nicht mehr in der Lage, der AWN weiterhin
Ersatzwohnraum zur Verfügung zu stellen, wenn diese nicht bereit
sei, Kündigungen reibungslos zu schlucken. [673] Seit März 1976 findet sich das ehemalige
AWN-Haus dann wieder in der Kartei über leerstehende Häuser und
verfällt langsam. [674] “Das
war von der Stadt aus so’n bißchen der Testlauf, was passiert
denn, wenn wir die mal raussetzen. Wie wehren die sich? Ja, da
wär’ es eigentlich an der Zeit gewesen, da mal wirklich die
Zähne zu zeigen .”[675]
Bis zum Ende des Jahres 1974 hat die AWN an die 130 StudentInnen,
SchülerInnen und Lehrlinge in zum Abbruch bestimmten Häusern
untergebracht. [676] Die Zahl
der AWN-Mitglieder wächst auf ungefähr 400 an. [677]
Die AWN versteht sich allerdings nicht nur als
studentische ‘Wohnraumbeschaffungsstelle’, sondern auch als
eine Gruppe, die kontinuierlich zu wohnungspolitischen Fragen
arbeitet und teilweise antikapitalistische Ziele formuliert:
Forderungen an Stadt, Land und Bund sind (1) die
Forcierung des sozialen Wohnungsbaus, (2) die Schaffung von
genügend Wohnheimplätzen für Auszubildende, (3) eine “Stadtplanung
im Interesse aller unter Mitbestimmung der Betroffenen ”[679], (4) die Unterbindung von
Wohnraumzerstörung aus Profitinteresse und schließlich (5) die
sofortige “Bereitstellung allen leerstehenden Wohnraums für
Wohnungssuchende zu tragbaren Preisen ”.[680] Außerdem setzt die AWN sich “für
ein neues, demokratisch kontrolliertes Bodenrecht, das die
Spekulation mit Grundstücken unmöglich macht, ”[681] ein. Statt MaklerInnen soll
“eine kommunale Wohnungsvermittlung im Interesse der
Wohnungssuchenden und der sozialen Randgruppen ”[682] tätig werden.
Für diese Ziele werben AWN-AktivistInnen mit
Flugblättern, Broschüren, Unterschriftenlisten und
Informationsständen. Ein wichtiger Schwerpunkt der
Öffentlichkeitsarbeit der AWN liegt an den Düsseldorfer
Hochschulen. [683]
Regelmäßig zu Beginn des Wintersemesters informiert die AWN
StudienanfängerInnen über die schwierige Lage auf dem
Wohnungsmarkt: Nur für 10 Prozent aller Studierenden ständen
Plätze in Wohnheimen des Studentenwerks zur Verfügung - die
Wartelisten seien lang und die Preise für ein Zimmer mit “145
DM nicht gerade billig zu nennen ”.[684] Die meisten ErstsemesterInnen seien auf
MaklerInnen angewiesen und über 59 Prozent aller Studierenden
der Universität zahlten über 150 Mark für ihr Zimmer. Über 70
Häuser habe die AWN registriert, die in Düsseldorf z.T. schon
seit längerer Zeit leerstünden. Die StudentInnen werden
aufgefordert, Mitglied und MitarbeiterIn der AWN zu werden, um
die “eigene Wohnsituation zu verbessern und gleichzeitig an
der generellen Lösung dieses Problems mit [zu]arbeiten.”[685] Viele neue Leute werden
gebraucht, um den politischen Forderungen des Vereins ein
größeres Gewicht zu verleihen und von der Stadt weiterhin als
Verhandlungspartnerin akzeptiert zu werden.
An dieser Stelle wollen wir die Zusammenarbeit
zwischen AWN-Vorstand und der Stadt genauer betrachten. Viele
Vereinbarungen werden vom Vorstand mit dem städtischen
Liegenschaftsdezernenten Bolo Mayweg ‘unter vier Augen
ausgedealt’. [696] Mayweg,
so beschreibt es das damalige AWN-Vorstandsmitglied Willi Nodes
heute, war zwar ein ‘Ur-Kapitalist’ aber dennoch ein ‘prima
Kerl’, der ‘prinzipiell’ auf Seiten der AWN gestanden habe.
[697] Er habe stets unter der
Prämisse gehandelt: “‘Was interessieren mich soziale
Reibungspunkte, ich will eine (...) ruhige Stadt haben, die sich
entwickeln kann. Und dann sind mir bestimmte Dinge einfach egal .’”[698] Auf dieser Basis gelingt es
der AWN immerhin, bis 1979/80 von der Stadt ca. 34 Häuser zu
bekommen. Wird trotzdem mal ‘ein bißchen mehr Druck’
benötigt, bringt der AWN-Vorstand auch andere Argumente ins
Spiel: “Sehen Sie mal, lieber Bolo Mayweg, da gibt es so
viele unkontrollierbare junge Menschen, die Scheiben einwerfen
können, die soviel Scheiße machen können, da müßt ihr uns
einfach neue Wohnungen geben, um diesen Widerstand zu befrieden .”[699]
Die Diskussionen um die Aktivitäten der AWN bewegen sich
ständig in einem Spannungsfeld: Auf der einen Seite besteht der
Anspruch, nicht nur die private sondern auch die städtische
Vernichtung von Wohnraum öffentlich zu machen bzw. durch
Aktionen zu verhindern. Auf der anderen Seite will man die
weitere Übergabe von Häusern durch das Liegenschaftsamt nicht
gefährden. Die Kritik an der bislang vom Vorstand praktizierten
Linie wird sowohl innerhalb als auch außerhalb der AWN immer
größer.
Im Dezember 1976 beschwert sich der AWN-Vorstand in einem Brief
an Oberbürgermeister Bungert (SPD) über die zum 16. Juli 1977
ausgesprochenen Kündigungen und den geplanten Abriß der
AWN-Häuser Hünefeldstr. 3 und Böhmestr. 16. Es wird
kritisiert, daß im Rahmen des ‘Bauvorhabens Nordring’ zuvor
auch vier andere Häuser unbewohnbar gemacht bzw. abgerissen
wurden, in denen noch bis zum endgültigen Beginn der Bauarbeiten
Menschen hätten wohnen können. Argumentiert wird damit, daß
mit dem Bauvorhaben aufgrund fehlender Landes- und Bundesmittel
wahrscheinlich erst 1980 begonnen werden könne und die ‘Abbruchhäuser’
solange noch durch die AWN genutzt werden könnten. Die “bisher
gute Zusammenarbeit mit der Stadt Düsseldorf ”[700] habe es der AWN ermöglicht
, “jungen Menschen ”[701]
kostenlosen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Betont wird hier
vor allem die Mittlerrolle der AWN zwischen ‘jungen Menschen’
mit geringen Einkommen und der Stadt. Dies liege schließlich
auch in Bungerts “Interesse als Oberbürgermeistert ”[702]. In seinem Antwortschreiben
vom 05.01.1977 weist Bungert alle Vorwürfe bezüglich des
verfrühten Abrisses der vier übrigen Häuser zurück. ‘Gönnerhaft’
stellt Bungert fest: “Ungeachtet der Tatsache, daß nicht
die Stadt, sondern vielmehr das Land für die Schaffung von
Studentenwohnungen zuständig ist, ist die Stadt bereit, der AWN
weiterhin Objekte zur Verfügung zu stellen .”[703] Mit dieser Zusage wird
jedoch gleichzeitig die Warnung ausgesprochen, daß dies “aber
nur möglich [ist], wenn dadurch die Verwirklichung von
Planungsmaßnahmen nicht behindert oder gar unmöglich gemacht
wird. Es ist auch nicht möglich, daß mit Ihrem Verein über die
Zweckmäßigkeit oder Notwendigkeit einer Maßnahme diskutiert
wird .”[704] Diese
Umgehensweise beschreibt die ‘Bürgerinitiative Nordring’ in
einem Offenen Brief am 27. März 1977 als “Zuckerbrot und
Peitsche ”[705] -Taktik.
Die Initiative, in der auch BewohnerInnen von AWN-Häusern
mitarbeiten, kritisiert den zurückhaltenden Umgang der AWN mit
der Stadt: “Gleichzeitig fordern wir den Vorstand der AWN
auf, seine Haltung gegenüber der Stadt bzw. dem Liegenschaftsamt
zu überdenken, zeigt es sich doch, daß Zusicherungen und
Zusagen, die von dieser Seite bei Verhandlungen gegeben wurden,
oft genug nicht eingehalten werden ”[706]. Der Offene Brief schließt mit den
Zeilen: “Wir sind hingegen der Meinung, daß mit der
Wohnungsnot sozial Schwacher nicht taktiert werden darf - sondern
konkret etwas getan werden muß. In diesem Zusammenhang bitten
wir die AWN, offensiver vorzugehen .”[707]
Im Jahr 1977 wohnen in mittlerweile 24
AWN-Häusern 140 Menschen, von denen sich nur noch ein kleiner
Teil für die wohnungspolitischen Ziele des Vereins engagiert.
Die Mehrheit der BewohnerInnen ist in erster Linie Mitglied in
der Aktion Wohnungsnot, um billig wohnen zu können. Auch ein
Großteil der vereinsintern-organisatorischen Arbeit wird von
relativ wenigen Menschen getragen. Der Vorstand erhält eine
immer zentralere Bedeutung.
Es kommt zu dem Versuch des Vorstandes, [708] die BewohnerInnen der Häuser politisch
zu (re-)aktivieren [709] sowie
durch die Bildung von Stadtteilkommitees die Vorstandsarbeit zu
dezentralisieren um besser in das politische Geschehen in den
Stadtteilen eingreifen zu können. 1977/78 werden vier
Stadtteilgruppen der AWN gebildet, und zwar in Reisholz,
Gerresheim, Bilk und Lohausen (Flughafen). Ab 1979 kommt als
weiterer ‘Stützpunkt’ die Theodorstraße hinzu, wo von der
AWN in großem Umfang Wohnungen bezogen werden.
Die Strategie des Vereins sieht folgendermaßen aus:
Im Vordergrund dieser Strategie steht dabei
erklärtermaßen nicht der Kampf um jedes einzelne AWN-Haus. Die “Strategie
war, daß wir - ähnlich wie Greenpeace - damals schon einen
symbolischen Aktionszugang hatten. Für uns war das leerstehende
Haus ein Symbol für Wohnungsnot. (...) Der Kampf um das AWN-Haus
war für uns nie Ziel, sondern immer nur Mittel für etwas
anderes .”[713]
Die AWN konzentriert sich zunächst auf die
Stadtteilarbeit in Bilk, wo sich zunehmender Protest der
Bevölkerung gegen den STEP-U regt. Ein erster Schritt ist die
Veröffentlichung eines Schwarzbuchs “über Bodenspekulation
und Wohnraumzerstörung ”[714],
das im April 1977 erscheint. In der 66 Seiten starken Broschüre
erfolgt neben einer Information über den Verein AWN die
Dokumentation von 65 zu diesem Zeitpunkt leerstehende Häuser in
Düsseldorf - zum Teil mit Photo, Angaben über EigentümerIn und
Dauer des Leerstands etc.. Anhand einiger Fallbeispiele - etwa an
der Kaiserswerther- oder der Konkordiastraße - wird die Praxis
von SpekulantInnentum und Wohnraumvernichtung genauer untersucht.
Mit Hilfe des vorgelegten Schwarzbuches will die AWN “d ieses
Material (...) möglichst vollständig an die Öffentlichkeit
bringen .”[715]
In der Folgezeit ist die AWN maßgeblich an der Gründung der
BürgerInnen-initiative ‘Rettet Bilk’ beteiligt. Die sehr
erfolgreiche Aufbauarbeit der AWN in Bilk wird von uns im Kapitel
3.2 (Die BürgerInneninitiative ‘Rettet Bilk’) genauer
beschrieben.
Eine zweite (relativ) erfolgreiche AWN-Stadtteilgruppe arbeitet
im Düsseldorfer Norden. Hier hat sich im Juni 1977 die
BürgerInneninitiative “Stop dem Abriss! ”[716] gebildet, die gegen die
Zerstörung von Wohnhäusern in Lohausen protestiert. [717] Die Flughafen GmbH hat dort
zur Erweiterung des Flughafens 191 Häuser aufgekauft. Da etliche
Lohauser BürgerInnen Klage gegen den Bau einer zweiten Start-
und Landebahn bei den Gerichten eingereicht haben, kann mit einer
“Gerichtsentscheidung in frühestens 8 - 10 Jahren ”[718] gerechnet werden. Solange,
argumentiert die AWN, könnten die zum großen Teil schon leeren
Abbruchhäuser ihr und ‘sozial schwachen Familien’ zur
Verfügung gestellt werden. Die Flughafengesellschaft reagiert
auf das Ansinnen mit einem deutlichen ‘Nein’. Sechs Häuser
hat sie bereits abreißen lassen. Alle übrigen sollen in den
nächsten Jahren folgen. Wegen der angeblich zu hohen
Lärmbelastung [719] soll dort
ein ‘Grüngürtel’ entstehen - statt Wohnraum für 1.000
Menschen [720]. Einige der
bereits geräumten Häuser werden von AWN-Mitgliedern kurzzeitig
besetzt: “ Und die Leute, die dort testweise eingezogen
sind, auch besetzenderweise, haben nach drei Tagen liebend gern
die jeweiligen Häuser verlassen, weil ihnen einfach die Ohren
abgefallen sind. Es war zu laut. Das wäre noch der Kampf gegen
den Flughafen insgesamt gewesen, und da es die Bürgerinitiative
dort gab, die gegen den Flughafen gekämpft hat, haben wir die
natürlich prächtig einfach mit Manpower unterstützt und denen
Mut gemacht .”[721]
AWN-intern wird immer wieder auch über die
Besetzung von Privathäusern diskutiert. Bis auf eine Ausnahme
wird es jedoch bis zur Besetzung der Kronprinzenstr. 90 im Jahre
1979 keine weiteren Aktionen dieser Art mehr geben. [722] Diese Ausnahme betrifft das
seit zwei Jahren leerstehende Haus Neusser Tor 4 in Gerresheim,
das von der Stadt in Erbpacht an einen Privatbesitzer abgegeben
wurde. [723] Offensichtlich
wird das Haus zu Spekulationszwecken leerstehen gelassen und so
unbewohnbar gemacht. Deshalb wird es im Dezember 1975 von
AWN-Mitgliedern im Rahmen einer symbolischen Aktion besetzt. Ein
Beteiligter erinnert sich: “Es war eigentlich von
vorneherein nicht angelegt darauf, das Ganze zu verteidigen,
sondern war schon mehr als Demonstration gemeint. Das war schon
als Hausbesetzung gedacht. Das war nur von vorneherein eben klar,
weil das relativ groß war, das nicht gehalten werden konnte. Da
hätte man also mindestens auf der Stelle 30, 40, 50 Leute haben
müssen, die da einziehen und sozusagen instandbesetzen, und die
waren damals einfach nicht so verfügbar. Und deswegen (...) hat
man von vorneherein das mehr auf die politische Ebene... das mehr
als Demonstration verstanden. Obwohl, das hätte auch klappen
können .”[724]
Ab Ende 1979 werden etliche Wohnungen in Häusern
auf der Theodorstraße in Rath von Wohnungssuchenden bezogen.
Einige der Wohnungen dienen als Ersatz für die mittlerweile
abgerissenen AWN-Häuser in Lohausen. Neben den von der Stadt zur
Verfügung gestellten Wohneinheiten werden andere ‘schleichend’
besetzt. Diese Besetzungen werden schließlich in Verhandlungen
der AWN mit der Stadt im nachhinein legalisiert. [725] Im Kapitel über die achtziger Jahre
werden wir näher auf die Geschichte des späteren Selbstverwalteteten
Wohnprojekts Theodorstraße (SWT) eingehen. Gleichzeitig
bietet die Stadt der AWN leere Wohnungen auf der Kiefernstraße
in Flingern an. Der AWN-Vorstand lehnt diese jedoch mit Hinweis
auf den schlechten Zustand der Wohnungen ab. [726] “Und wir wollten - und das war der
wahre Grund - (...) wiederum den Druck nicht wegnehmen [und] die
Wohnungsnot soweit befrieden, daß wir überall irgendwelche
Alternativhütten haben, und überall Leute anfangen,
Rauhfasertapeten zu kleben. Sondern wir wollten ein Stück
begleitender Bewegung, die nicht unsere war, haben. (...) Die
Theodorstraße reicht nicht für alle, wenn wir jetzt alles
öffnen, nehmen wir den ganzen Druck von der Straße weg .”[727]
In den Jahren 1979/80 werden weitere Häuser
besetzt, woran AWN-Mitglieder einen nicht unerheblichen Anteil
haben. Hingewiesen sei an dieser Stelle auf die Besetzung des
Hauses Kronprinzenstr. 90 im Dezember 1979 und des
Lichtenbroicher Wegs 137 im Juni 1980.
Im bislang relativ ‘ruhigen’ Düsseldorf kommt es allein in
den ersten sechs Monaten des Jahres 1981 - auch unter dem
Eindruck der eskalierenden Häuserkämpfe in Amsterdam, Zürich
und West-Berlin - zu 14 Hausbesetzungen. [728] Eine zentrale Rolle spielt dabei das
heftig umkämpfte Haus Volmerswerther Str. 41 (V 41). Das als ‘autonomes
Stadtteilzentrum’ geforderte Privathaus wird nach der ersten
Räumung durch die Polizei gleich wieder besetzt. Räumungen von
bzw. Räumungsdrohungen gegen besetzte Häuser werden von der
BesetzerInnen-Szene und deren SympathisantInnen mit massiven
Angriffen auf Banken, Versicherungen, Luxusgeschäfte,
städtische Ämter und sogar Polizeidienststellen beantwortet.
In dieser Situation werden auch die
Auseinandersetzungen zwischen den beiden ‘Flügeln’ der AWN
(vereinfacht dargestellt: Spontis contra MSBler) heftiger. [729] Die Spontis kritisieren die
bisherige Arbeit und Funktion der AWN. Vor allem die ‘bewährte’
Zusammenarbeit zwischen der Stadt, vertreten durch den
Liegenschaftsdezernenten Bolo Mayweg, und der AWN, vertreten
durch ihren Vorstand, wird scharf angegriffen. “In der
Praxis sah das dann so aus: Das städtische Liegenschaftsamt
kauft Häuser auf, um sie ‘umzulegen’ (abreißen), ‘entmietet
sie’ (schmeißt die Mieter raus), setzt die AWN rein .”[730] Das Haus stünde in der
Übergangszeit nicht leer und die Stadt könne sich damit
brüsten ‘etwas für die armen StudentInnen’ zu tun. Wenn die
Planungen der Stadt dann abgeschlossen seien, würde das Haus
schließlich abgerissen und die AWN-Mitglieder zögen ohne
großen Widerstand in das nächste Haus. Auch die mangelnde
Solidarität der AWN mit den alten, zuvor vertriebenen
MieterInnen der Abbruchhäuser wird beklagt : “Wie viele
Mieter auf diese Art und Weise aus ihren Wohnungen vertrieben
wurden, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Unterstützt wurden
sie von Seiten der AWN so gut wie nie .”[731] In der ‘Sägespan’-Ausgabe Nr. 10 vom
April 1981 wird unter der Überschrift “Modell AWN für die
ganze BRD? Bloss das nicht!! ”[732] die Kritik an der AWN auf den Punkt (bzw.
auf drei Punkte) gebracht:
Eine weitere Auswirkung des ‘Modells - AWN’
wird angesprochen, nämlich die auf die Diskussionen innerhalb
der HausbesetzerInnenbewegung: “ Noch haariger wird die
ganze Sache, wenn die Häuserkämpfer(innen) und
Instandbesetzer(innen) auch schon selbst auf das Modell AWN
abfahren, und glauben, damit die Lösung gefunden zu haben. Die
Frage, die sich da einfach aufdrängt, ist - was wollen wir
eigentlich??? ”[736]
Im September 1981 erhält die AWN einen neuen
Vorstand. Das ‘sozialintegrative’ Modell AWN - in vielen
anderen Städten als ‘Medizin’ gegen unkontrollierbare
Häuserkampfbewegungen gepriesen - wird in seiner bisherigen
Form, inklusive Vorstand, abgeschafft [737]. “Als die Häuserkampfbewegung
wuchs, kam für die Stadt die Zeit, mit der AWN zu protzen: seht
hier, bei uns brauchts keine Besetzer! Die AWN im Fernsehen [738], in den Medien, Radio
Luxemburg rief an und in anderen Städten wurde das ‘Modell
Düsseldorf’ wärmstens empfohlen .”[739] Eine radikale Umstrukturierung wird
beschlossen. Man will weg von den hierarchischen
Vereinsstrukturen mit allmächtigem Vorstand, der alles ‘managed’,
auf der einen und einer weitgehend untätigen Masse von
Mitgliedern auf der anderen Seite. Die meisten AWN-Mitglieder, so
wird argumentiert, “sitzen in ihren Buden [und] freuen
sich ihres billigen Zimmers (...). Allenfalls 5 bis 8 % sind für
den Verein aktiv: machen den Verwaltungskram (oder auch nicht),
rennen zu den Ämtern, organisieren Versammlungen und
Diskussionen .”[740]
Deshalb wird beschlossen, daß die BewohnerIn-nen der Häuser
sich künftig selbst vertreten sollen bzw. sich nach Stadtteilen
organisieren. [741] Es wird
ein Koordinierungsausschuß - oder auch ‘Häuserrat’ -
gebildet, in dem sich die VertreterInnen der einzelnen
Häuser/Stadtteile treffen. Schließlich wird verkündet, daß
sich die AWN mit allen HausbesetzerInnen in Düsseldorf und
anderswo solidarisiert und “in Zukunft auch wieder zum
Mittel der Hausbesetzungen greifen [wird] , um Forderungen
durchzusetzen .”[742]
Auf der Kiefernstraße in Flingern werden 1981 ca. 60 der über
100 dort leerstehenden Wohnungen besetzt. Nach Verhandlungen mit
der Stadt werden diese Wohnungen - zum letzten Mal - der AWN zur
Nutzung übergeben. Ungefähr 40 Wohnungen bleiben leer, 16 davon
werden im September 1981 besetzt. Die AWN solidarisiert sich mit
den BesetzerInnen und bekommt von der Stadt ein Ultimatum
gestellt: lediglich 10 der 16 besetzten Wohnungen könnten an die
AWN übergeben werden, die anderen sechs sollten unverzüglich
freigemacht werden, sonst würde die Stadt Strafantrag stellen.
Der ‘neue’ AWN-Vorstand ignoriert das Ultimatum. Zwar macht
die Stadt ihre Drohung von der gewaltsamen Räumung der Wohnungen
nicht wahr, aber die Übergabe von Abbruchhäusern findet von da
an nicht mehr statt. Im September 1981 kommt so zum Ende der
Zusammenarbeit zwischen Stadt und AWN. [743]
Ende 1982 berichten zwei Bewohner alter AWN-Häuser über den
bevorstehenden Abriß der AWN-Häuser Kölner Landstr. 105 und
115. “Anders als in der Vergangenheit weigert sich nun die
Stadt, der AWN Ersatzwohnraum zur Verfügung zu stellen - sie
läßt vielmehr durch Herrn Gassel mitteilen, daß mit der AWN
keinerlei Gespräche und Verhandlungen mehr geführt werden
sollen. Lediglich betroffenen ‘Einzelpersonen’, die sich ans
Liegenschaftsamt wenden, wird Wohnraum in Abbruchobjekten zur
Miete [!; d.V.] angeboten.”[744]
1983 sind nicht nur alle 10 nichtstädtischen
besetzten Häuser geräumt und etliche BesetzerInnen verurteilt -
auch die AWN ist politisch tot [745].
Eine Zeitlang trifft sich der ‘Häuserrat’ noch, dann
konzentrieren sich die übriggebliebenen Häuser auf ihre eigenen
Probleme, gründen neue Vereine oder bleiben, wie Teile der
Kiefernstraße, zunächst auf Konfliktkurs mit der Stadt.
Die ‘Überbleibsel’ von AWN und Häuserkampfbewegung in
Düsseldorf sind
Aus einzelnen AWN-Häusern gehen später, nach
der de facto (nie formellen) Auflösung der NAWN, die Vereine
AWAL (Anders Wohnen Am Landtag = Neusser Str. 65) [746] und ASS (Anders Sozial und
Selbstbestimmt = Buchenstr. 14) hervor.
[641] Vgl. Gespräch mit K. Stein, 11.10.95.
[642] Auch im Archiv der Rheinischen Post, das zu dieser Zeit
noch nicht systematisch geführt wurde, fanden sich keine
genaueren Hinweise.
[643] RP, 31.12.68.
[644] RP, 30.9.70.
[645] Vgl. NRZ, 26.1.71.
[646] Nur ein Jahr später suchen bereits ca. 1.000
StudentInnen in Düsseldorf eine Wohnung, ein großer Teil von
ihnen muß “in Autos, in der Jugendherberge Oberkassel oder
in anderen Notbehausungen bleiben” , RP, 10.5.72.
[647] NRZ, 26.1.71.
[648] Ebenda.
[649] Vgl. NRZ, 10.5.72.
[650] “Man muß ja eine Infrastruktur haben, man muß ja
die Leute zusammentrommeln, Räume haben, man muß Flugblätter
drucken können und all diese Dinge (...), damit so was auch
einen Erfolg hat. (...) Und diese ganze Planung ist letztendlich
über die (...) Asten gegangen”. - Interview mit P.
Müller, 21.9.95.
[651] SDAJ = Sozialistische Deutsche Arbeiter Jugend, formell
unabhängige, sozialistische Jugendorganisation, faktisch jedoch
Jugensorganisation der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP),
wie diese seit 1989/90 praktisch bedeutungslos.
[652] Jusos = JungsozialistInnen in der SPD,
Jugendorganisation der SozialdemokratInnen, gibt sich manchmal
etwas progressiver und kämpferischer als die Mutterorganisation.
[653] Vgl. Schwarzbuch, 1977, S. 15 ff.
[654] Im Düsseldorfer Rat regiert zu diesem Zeitpunkt die
SPD.
[655] Vgl. RP, 10.5.72.
[656] Auch der Vorsitzende des StudentInnenwerks, Helmut
Weber, erklärt, mit dieser Besetzung “werde für alle
Verantwortlichen und Politiker die Alarmstufe 1 signalisiert.” Und
das ‘Gesamtparlament’ der FH stellt fest, daß es “sich
um eine symbolische Handlung im Namen aller Wohnungssuchenden” handele,
RP, 10.5.72.
[657] Interview mit P. Müller, 21.9.95.
[658] Ebenda, 21.9.95.
[659] AWN-Flugblatt ‘5 Jahre Hausbesetzung...’, 5/77.
[660] Vgl. Interview mit P. Müller, 21.9.95.
[661] Von 1972 bis 1977 immerhin runde 10.000, vgl.
Schwarzbuch, 1977, S. 15 ff.
[662] Vgl. Interview mit P. Müller, 21.9.95.
[663] Dies ist das Datum der Gründungsversammlung des
Vereins, zu der der AStA der Universität einlädt. Die erste
Satzung der ‘AWN e.V.’ datiert vom 15. Februar 1973, vgl.
AWN-Satzung, 1973.
[664] “Insbesondere (...) nach der Hausbesetzung war der
AStA Kunstakademie und der AStA Uni bei der Entwicklung AWN,
Satzung usw. in dem ganzen organisatorischen Rahmen mitbeteiligt”,
Interview mit P. Müller, 21.9.95.
[665] Ebenda, 21.9.95.
[666] AWN-Satzung, 15.2.73, S. 2.
[667] vgl. ebenda, S.2.
[668] AWN-Einladung, 9/74.
[669] Ebenda.
[670] Im Jahre 1980/81 beträgt der Jahresmitgliedsbeitrag in
der AWN immer noch 12 DM und auch die Einkommensgrenze liegt
unverändert bei 700 DM!, vgl. Schwarzbuch, 1981, S. 53.
[671] Ebenda, S. 51 ff.
[672] Quellen sind: Diverse Flugblätter sowie Angaben
von P. Müller am 21.9.95.
[673] Vgl. Schwarzbuch, 1977, S. 16.
[674] vgl. ebenda, S. 16.
[675] Interview mit P. Müller, 21.9.95.
[676] Vgl. AWN-Flugblatt ‘Wer ist...?’, vermutl. 9 oder
10/74.
[677] Mitglieder sind neben den HausbewohnerInnen auch
diejenigen, die auf einen frei werdenden Platz warten und
Fördermitglieder bzw. Menschen, die das Projekt primär
politisch unterstützen wollen.
[678] AWN-Flugblatt, “Wer ist...?”, vermutl. Sept./Okt.
1974.
[679] Ebenda.
[680] Ebenda.
[681] AWN-Flugblatt ‘Durchschnittsmiete für...’,
vermutl. Ende 74/Anf. 75.
[682] Ebenda.
[683] So zeigt die AWN im Mai 1977 im Rahmen der “Demokratischen
Gegenuniversität ” den Film ‘Der lange Jammer’, der
von erfolgreiche Protesten Berliner MieterInnen gegen überzogene
Mieterhöhungen der Wohnungsbaugesellschaft handelt. Außerdem
wird über das Projekt AWN informiert. Am Fachbereich Sozialwesen
der FH Düsseldorf beginnt wenige Tage später, ebenfalls im Mai
1977, das Projektseminar “Untersuchung der Wohnungsnot in
Düsseldorf, Möglichkeiten der Gegenwehr ”. Bei der
Einführungsveranstaltung wird nach einem Referat von
Rechtsanwalt Volker Götz der Film ‘Die Besetzung’ gezeigt,
vgl. AWN-Flugblatt ‘Informationen über die...’, 5/77, S. 2.
[684] AWN-Flugblatt, ‘An alle Erstsemester...’, 10/76.
[685] Ebenda.
[686] AWN-Flugblatt, ‘Wer ist...?’, vermutl. Sept./Okt.
1974.
[687] AWN-Flugblatt ‘Kommune?’, 5/76.
[688] Ebenda.
[689] Ebenda.
[690] Vgl. Schwarzbuch, 1977, S. 20.
[691] Vgl. AWN-Flugblatt ‘5 Jahre Hausbesetzung’, 4/77.
[692] Vgl. Flugblatt und Brief ‘Liebe Bilker Bürger’,
4/77.
[693] AWN-Flugblatt ‘Liebe Düsseldorfer Bürger!’, 4/77.
[694] Vgl. AWN-Flugblatt ‘Stop dem Abriss!’, 6/77.
[695] Interview mit W. Nodes, 4.9.95, S. 6 ff.
[696] “Wir haben oft Sachen mit ihm ausgedealt, das war
unglaublich, unglaublich gewesen”, ebenda, S. 9.
[697] Vgl. Ebenda, S. 9.
[698] “(...) damit haben wir gespielt. Das war ein
berechenbarer Mensch ”, ebenda, S. 9.
[699] Ebenda, S. 7.
[700] Offener Brief der AWN an den Oberbürgermeister, 12/76,
in: Schwarzbuch, 1977, S.17 ff.
[701] Ebenda, S.17 ff.
[702] Ebenda, S.17 ff. - Könnte mensch das nicht auch so
ausdrücken: ‘Liebe Stadt, wir nehmen Euch eine soziale Aufgabe
ab, für die eigentlich die Öffentliche Hand zuständig wäre,
also haltet wenigstens die verabredeten Spielregeln ein und
reißt die Häuser erst ab, wenn es unbedingt nötig ist.’?
[703] Schwarzbuch, 1977, S. 20.
[704] Ebenda, S. 20.
[705] Ebenda, S. 25.
[706] Ebenda, S. 24.
[707] Ebenda, S. 25.
[708] “In diesem Vorstand der AWN waren dann der
Reinhold Knopp als Vorsitzender, Hiltrud Horn und irgendeine
Regina, das waren alles drei DKPisten oder MSBler, ich auf dem
SHB-Ticket, und der Achim Willms als Integrationskandidat.” -
Interview mit W. Nodes, 4.9.95, S. 3.
[709] Ein Ziel dabei war die Konsolidierung “der
Häuser, indem man die Verantwortung in die Häuser zurückgibt
und (...) die Leute zur politischen Aktivität verpflichtet.” Dies
sollte unter anderem durch die Ableistung von Arbeitsstunden für
die AWN - im Gespräch waren 10 Stunden pro Monat und BewohnerIn
- verwirklicht werden. Als Sanktion bei ‘Arbeitsverweigerung’
war die Zahlung von 100 DM/Monat als ‘Ersatzmiete’
vorgesehen. Damit sollte auch der bei steigender Häuserzahl und
politischer Aktivität wachsende Verwaltungs- und Materialaufwand
(zum Beispiel für Veröffentlichungen) finanziert werden. “Das
war unser Traum. Das hat natürlich nie (...) funktioniert. Aber
wir haben einfach eine Situation des moralischen Drucks
aufgebaut: Ihr blöden Studenten dürft da umsonst wohnen und
kriegt alles für lau und tut nichts - und das geht so nicht
weiter. Das war unser Vorstandsprogramm”, ebenda .
[710] “Überall, wo wir die Abbruchhäuser hatten, (...)
waren [wir] immer im Brennpunkt kommunaler Planung, gab es
Aktionsmöglichkeiten. Ja, der Vertrag war schlichtweg genial
für uns” ebenda.
[711] “Wir hatten Forderungen, (...) bestimmte Planungen
zu stoppen. Wir waren die Ersten, die Erhaltungssatzungen in
Düsseldorf gefordert hatten. Wir waren die Ersten, die
juristische Gutachten beigebracht haben, daß es möglich ist, im
Rahmen von Zweckentfremdung zwangszuvermieten, usw. usf” ,
ebenda, S. 5.
[712] Ebenda, S. 3 ff.
[713] Ebenda, S. 4 ff.
[714] Schwarzbuch, 1977, Titelseite.
[715] Ebenda, S. 5.
[716] AWN-Flugblatt ‘Stop dem Abriss!’, 6/77.
[717] Vgl. Kap. C. II 2.7.2 (Der Flughafen Düsseldorf).
[718] AWN-Flugblatt ‘Stop dem Abriss!’, 6/77.
[719] Genau aus diesem Grund klagen zur gleichen Zeit
unzählige BürgerInnen gegen eben jene Flughafen-Gesellschaft...
[720] Vgl. Flugblatt der BürgerInneninitiative, ‘Stop dem
Abriss!’, 7/77.
[721] Interview mit W. Nodes, 4.9.95, S. 6.
[722] “Was dann allerdings diskutiert
wurde und wo immer wieder Ansätze gemacht wurden, aber keiner so
richtig geschafft hat, daß auch zu machen, war: Wir sind ja
über den Verein immer nur an die Stadt rangekommen. Wir haben ja
dann damals - das läßt sich ja in den Schwarzbüchern nachlesen
- eine Liste mit über 100 leerstehenden Objekten gehabt und
davon waren ja nur ein Zehntel oder... ein kleinerer Teil
jedenfalls, im städtischen oder öffentlichen Besitz. Der
größte Teil war ja von Privatleuten. Und die Diskussion war
immer: wie kommen wir denn an die ran. Und da war schon immer
wieder in der Diskussion, wir müssen jetzt mal irgendwie da was
machen und eine neue Hausbesetzung stand da natürlich auch zur
Debatte, aber es ist nie soweit gekommen ”, Interview mit
P. Müller, 21.9.95. - In einem Brief vom 6.4.1977 fordert die
AWN die Verwalter der Privathäuser Dianastr. 19, 23, 25 und 27
(Bilk) auf, diese bis zum endgültigen Abriß in eineinhalb bis
zwei Jahren dem Verein zur Nutzung zu überlassen. Das Vorhaben
scheitert aber. - vgl. Flugblatt und Brief ‘Liebe Bilker
Bürger’, 4/77.
[723] In einem Flugblatt wird erklärt, daß die AWN sich “gegen
die Privatisierung öffentlichen Eigentums zumal, wenn es sich um
Grund und Boden oder Häuser handelt ” wende. Denn: “Das
Bedürfnis nach Wohnraum ist ein Grundbedürfnis des Menschen .”
Wohnungspreise und Mieten sollten nicht “nach dem Prinzip
der höchstmöglichen Gewinne ”, sondern nach der
Sozialverträglichlkeit für die MieterInnen festgelegt werden,
vgl. AWN-Flugblatt ‘Gerresheimer Bürger!’, 12/75.
[724] Interview mit P. Müller, 21.9.95.
[725] Vgl. Interview mit W. Nodes, 4.9.95, S. 6 & 9.
[726] Von der Stadt wird eine Instandsetzungsgarantie und
eine soziale Begleitplanung gefordert. Dies geschieht vor dem
Hintergrund, daß die AWN den geplanten Abriß der Häuser ‘nicht
einsieht’, vgl. ebenda.
[727] Ebenda.
[728] Vgl. Kap. C. III. 1.4.
[729] Der AWN-Vorstand ist übrigens von 1972-80 fast
durchgehend in den Händen von MSB, DKP und anderen ‘gewerkschaftlich
orientierten Kräften’ wie dem SHB. Eine Ausnahme bildet
unseres Wissens nur die kurze ‘Sponti-Machtergreifung’ 1976,
die allerdings nach einem halben Jahr wieder beendet werden wird,
vgl. Interview mit W. Nodes, 4.9.95 sowie Kaspar Michels, 6.9.95.
[730] Schwarzbuch, 1981, S. 52.
[731] Ebenda, S. 53.
[732] Sägespan, Nr. 10, April 1981, S. 21.
[733] Ebenda, S. 21 - Diese These wird auch durch
Selbstdarstellungen der AWN gestützt. In einem LeserInnen-Brief
der AWN an die NRZ vom 16.04.1977 ist beispielsweise nachzulesen:
“Die Aktion Wohnungsnot e.V. hat stets herausgestellt, daß
sie die Haltung der Stadt Düsseldorf, leerstehenden Wohnraum
über die AWN e.V. an Auszubildende zu vergeben, sehr positiv
bewertet - gibt es doch dieses nachahmenswerte Verfahren in kaum
einer anderen Stadt. Angesichts dieser Tatsache mag die von uns
geäußerte Kritik am Fehlverhalten der Stadt, wie vorzeitige
Wohnraumzerstörung und mangelndes Engagement bei der
Sicherstellung freigemachter Häuser bzw. deren Übergabe an
unseren Verein, kleinlich wirken. Wir halten diese Kritik dennoch
für notwendig und zwar im Interesse jedes sich in Wohnungsnot
befindenden Düsseldorfer Auszubildenden. Schließlich stellt
jedes Zimmer, das von unserem Verein genutzt wird, eine konkrete
Hilfsmaßnahme dar - jedes ungenutzte Zimmer, gleich aus welchem
Grund, eine unterlassene Hilfsmaßnahme.” Schwarzbuch,
1977, S. 30.
[734] Sägespan, Nr. 10, April 1981, S. 21.
[735] Ebenda, S. 21 ff.
[736] Ebenda, S. 22.
[737] Vgl. Fandango e.V., Stadtbuch Düsseldorf 1988, S. 64
ff.
[738] Beispielsweise sendet der WDR am 9. Dezember 1977 in
der Serie ‘Schauplatz’ einen Film über das zu diesem
Zeitpunkt bundesweit einmalige Projekt AWN. - vgl. AWN-Flugblatt
‘Freitag 9.12.’, 12/77.
[739] Schwarzbuch, 1981, S. 53.
[740] Ebenda, S. 53.
[741] Das Konzept der verstärkten Stadtteil-Orientierung war
vom AWN-Vorstand bereits 1977 vorgeschlagen und ansatzweise - in
Bilk und Lohausen - umgesetzt worden. Allerdings scheint die
angestrebte Dezentralisierung der Verwaltungsaufgaben und
politischen Aktivitäten nur zum Teil funktioniert zu haben.
[742] Schwarzbuch, 1981, S. 53.
[743] Vgl. Nagel, T., Die Häuser gehören uns, S. 132 ff.
[744] Starkes Stück, 1/83.
[745] Vgl. Fandango e.V., Stadtbuch Düsseldorf 1988, S. 67.
[746] Das Haus Neusser Str. 65, eines der ersten AWN-Häuser,
wird im November 1992 von der Stadt Düsseldorf abgerissen. Es
stand einer Straßenverbreiterung im Zusammenhang mit dem Bau des
Rheinufertunnels im Weg.