Im Rahmen der Planungen zum Rheinufertunnel
werden 1987 auch Empfehlungen für die Gestaltung der Gegend ‘Südliches
Tunnelende und Südbereich’ vom Planungsamt ausgesprochen. Am
31. Mai 1989 findet eine ‘Anhörung im Rahmen der
Bürgerbeteiligung’ zu den Planungen “Städtebauliche
Neuordnung südlich des Landtages ”[1504] statt. Auf dieser Anhörung
artikulieren anwesende BürgerInnen zahlreiche Einwände gegen
die vorgestellten Planungen. Kritisiert werden vor allem
Am 12. Juni schickt das ehemalige AWN-Haus
Neusser Str. 65, das mittlerweile als Verein AWAL (Anders Wohnen
am Landtag) auftritt, einen Brief an das städtische Planungsamt,
in dem die angestrebte Bebauung, Verkehrsführung und Gestaltung
der Grünflächen abgelehnt werden. Außerdem wird festgestellt,
daß auf “der Westseite der Neusser Straße (...) mehrere
Wohnhäuser, in denen bisher noch günstiger Wohnraum vorhanden
ist, abgerissen werden [sollen], u.a. auch unser Haus,
Neusser Str. 65. Was mit den Menschen, die hier wohnen, passiert,
ob es für sie ebenso günstigen Ersatzwohnraum im Stadtteil
geben wird, ist fraglich .”[1505]
Dieser Brief wird allerdings nie beantwortet werden. Auch die
Einwände von anderen AnwohnerInnen werden bei den weiteren
Planungen ganz offensichtlich nicht berücksichtigt. So erscheint
das von städtischer Seite durchgeführte Prozedere der
BürgerInnenbeteiligung vielen Betroffenen nur noch als bloße
Formsache. Um die Kritik zu bündeln und um verstärkten Druck
auf Rat und Planungsamt auszuüben, gründet sich am 14. August
1990 die BürgerInneninitiative ‘Unterbilk Uns’. Nach eigenen
Angaben besteht der “parteiunabhängige (...) Arbeitskreis
für Wohnen und Leben in Unterbilk” aus “Kommunalpolitikern
und Bilker Bürgern ”.[1506]
In der Tat arbeiten in der Initiative einige
KommunalpolitikerInnen mit - diese sind jedoch ausschließlich
Abgeordnete der SPD in Bezirksvertretung oder Stadtrat. [1507] VertreterInnen der
Grünen arbeiten nicht in der Initiative mit. Übrigens beteiligt
sich die Initiative zu keinem Zeitpunkt in der Koordinierung
Düsseldorfer Wohnungsinitiativen - wie sich auch keine ihrer
Forderungen auf das gesamte Düsseldorfer Stadtgebiet, sondern
nur auf Bilk/Unterbilk, bezieht.
Auch von ‘Unterbilk Uns’ werden in erster Linie die
Hochhausplanungen und - in deren Folge - befürchtete
Grundstückspreis- und Mietsteigerungen kritisiert. Die
Initiativen-Mitglieder beanspruchen ein Mitspracherecht bei
Planungen, die sie betreffen und entwickeln in der Folgezeit eine
recht weitgehende planerische Kompetenz, z.B. bei der
Formulierung von Argumenten gegen die geplanten Hochhäuser im
Bereich des südlichen Rheinufertunnel-Mundes. Für Unterbilk
gefordert werden
Dank des SPD-Einflusses bei ‘Unterbilk Uns’
gelingt es der BürgerInneninitiative im Oktober 1990
(vorläufig), daß wenigstens einige ihrer Forderungen im
Planungsausschuß mit äußerst knapper Mehrheit verabschiedet
werden. Jedoch macht das Planungsamt den AktivistInnen rasch
wieder einen Strich durch die Rechnung. [1509]
Nach der endgültigen Festlegung des Bebauungsplanes 1991 lassen
auch die Aktivitäten von ‘Unterbilk Uns’ stark nach. Die
Arbeit der wenigen übriggebliebenen AktivistInnen konzentriert
sich nun auf die Folgen der Modernisierung, beispielsweise das
erhöhte Verkehrsaufkommen und steigende Mieten. Außerdem werden
für die BewohnerInnen des von Schließung bedrohten
Obdachlosen-Asyls an der Plockstraße zwei Straßenfeste
organisiert. [1510]
Ein Großteil der Planungen konnte jedoch nicht verhindert
werden. Im Dezember 1992 werden die Häuser Neusser Str. 63 und
65 [1511] abgerissen. Sie
müssen einer Straßenverbreiterung weichen, die dem Anschluß
des Rheinufertunnels im Bereich ‘Südlicher Landtag’ dient.
Das Hochhaus auf dem Tunnelmund wird voraussichtlich Ende 1996
fertiggestellt werden - und ‘Unterbilk Uns’ existiert immer
noch. Wenigstens der Form halber: Zu den in immer größeren
Abständen stattfindenden Treffen kommt mittlerweile nur noch ein
‘harter Kern’ von höchstens 10 AktivistInnen - mit
abnehmender Tendenz. [1512]
[1504] Protokoll APS-Sitzung, 2.8. 90, vgl. auch Kap. C. IV.
2.5 (Die ‘Städtebauliche Neuordnung südlich des Landtages’).
[1505] Brief AWAL, 12.6.89.
[1506] Broschüre ‘Unterbilk Uns!’, 8/90. - Auch die
BewohnerInnen des Hauses Neusser Str. 65 arbeiten in der
Initiative mit, finden jedoch mit ihrem speziellen Anliegen - den
Abbruch ihres und des Nachbarhauses zu verhindern - kaum Gehör
bei der Mehrheit der übrigen AktivistInnen.
[1507] Hier sind vor allem die SPD-Ratsmitglieder Guido
Köhler und Beate Stankowski zu nennen.
[1508] Broschüre ‘Unterbilk Uns!’, 8/90.
[1509] Vgl. Kap. C. IV. 2.5 (Die ‘Städtebauliche Neuordnung
südlich des Landtages’).
[1510] Vgl. Gespräch Guido Köhler (Ex-Ratsmitglied der SPD
und ‘Unterbilk Uns’), 8.11.95.
[1511] Die Neusser Str. 65 war eines der ersten Häuser der
AWN, in der Nr. 63 war u.a. der ‘Verein alleinerziehender
Mütter und Väter’ untergebracht.
[1512] Vgl. Gespräch Guido Köhler (Ex-Ratsmitglied der SPD
und ‘Unterbilk Uns’), 8.11.95.