Sylvie's mother said, Sylvie is busy, too busy to come to the phone.
Sylvie's mother said Sylvie is marrying, she's goin' to leave just my
home.
Sie hatte das Radio lauter gestellt. Schließlich war sie
aufgestanden. Hatte belegte Brote gemacht. Das hatte Erich beeindruckt.
Fast hätte er gesagt: Weißt du... Aber dann war die Stille
in sich zusammengefalln.
JETZT REDET DAS RADIO VON RÄUMUNG UND EINER STRASSENSCHLACHT.
Erich sprang auf. Sie ist liegengeblieben. Es ist ohnehin, wird ihre nackte
Schulter gesagt haben, schon viel zu spät.
Er hat auf ein Stück Stullenpapier geschrieben: Vera, ich mag Dich.
Er hat mit dem bröckeligen Bleistift versucht, ein Herz zu malen.
Er hat das Herz durchgestrichen. Er hat in der ganzen Wohnung nach einem
Radiergummi gesucht. Er hat aus dem Herz mit den Strichen einen Stern
mit fünf Zacken gemacht.
WÄHREND DAS RADIO REDET.
Er küßte sie auf die nackte Schulter. Sie sagte nichts und
bewegte sich nicht. Das harte Licht der Vorstadt fiel auf den Rest von
Kerzen. Das Radio redete leise wie ein Megaphon der Polizei.
In einer gelben Telefonzelle ohne Scheiben und ohne grauen Fernsprechkasten
hat Erich später am Abend eine Frau mit zerzaustem Kaninchenfellmantel
gesehen, wie sie bekümmert in zerfledderten, teilweise auch angesengten
Telefonbuchresten hin und her geblättert hat. Er hat die Frau bei
der Hand genommen. Sie haben in einem Imbiß gestanden. Er hat von
einem Toten erfahren, den Gerüchten von weiteren Toten. Auf der anderen
Straßenseite haben, zwischen den parkenden Autos, die Bullen neben
dem Gehweg gestanden. Um eine Baugrube zu bewachen. Mit einem mickrigen
Pflastersteinhaufen und einigen Krampen aus rostigem Stahl.
Es hat in dem Imbiß nach angebranntem Fett gerochen, nach mehrfach
aufgewärmtem Kebab, in einer Ecke des kleinen Raumes hat mit weggeschwommenen
Augen und teigig aufgeschwemmten Wangen, früher mal Löcher,
jetzt Pustebacken, der Kleine gestanden - wie schnell das geht, hat Erich
gedacht, kaum mehr robust, nur noch rundlich - der mit den dehnbaren Bändern,
der mit den sahneweichen Sehnen, den gleitenden Bewegungen, der Kleine,
der vor knapp vier Wochen, gemeinsam mit drei anderen und drei orangenen
Plastiktüten von Meyer oder Condi, in denen einige Pflastersteine
und Brandsätze, die nicht gezündet hätten, gewesen sind,
sagen die Richter, von einer zufälligen Zivilstreife aufgegabelt
worden war, auf einem leeren Gelände, nahe der Innenstadt. .
Die Bullen hatten den Kleinen und die anderen mitgenommen. Er hatte von
einem Gebäude geredet. Von einer Wohnungsbaugesellschaft. Das sie
hatten anstecken wollen. Er war gerade siebzehn gewesen. Das Schwein,
der Vernehmungsrichter, hatte dann einen Hauswart erwähnt, dort in
dem Gebäude, hatte gesagt, daß es Brandstiftung und zudem Mordversuch
sei.
Der Kleine hatte, zehn Jahre Knast vor Augen, infolgedessen mehr erzählt,
als sie ihm glauben konnten. Das, hatte der Rechtsanwalt später gesagt,
käme häufiger vor, das sei üblich, sei wie ein Geständniszwang.
Erich hatte sich erinnert, wieviel der Kleine früher im besetzten
Haus immer zu ihnen während des Plenums geredet hatte. Er hätte
nicht sagen können, worüber. Manchmal hatte der Kleine gestottert.
Er, Erich, hatte immer erwidert: Du mußt mir das langsamer erklären,
weil ich nicht genau verstehe, was du mit all dem sagen willst, es hatte
wenig geholfen.
Das Verfahren des Kleinen war von den anderen abgetrennt worden. Ihn hatte
man sehr schnell verurteilt. Die andern würde man verknasten. Ihn
hatten sie zu einer Tante, zu Verwandten nach Norddeutschland, geschickt.
Jugendknast mit Bewährung. Jetzt ist er wieder da.
Erich hatte ihn einmal besucht. Hatte sich, als ihn die Tante, »verschwinden
Sie, oder ich hole...!«, aus dem Eßzimmer durch die Diele
und bis auf die Straße gedrängelt hatte, gefragt: Wie wichtig
für den Anschlag war die Stimmung bei uns im Haus?
Die anderen hatte das, als er zurückkam, nicht gekümmert. Ich
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