Und als sie sich erst in der Bülow-, fast schon Ecke Steinmetzstraße,
eingekeilt zwischen zwei Wagen, hinter einer Imbißbude, endlich
umdrehn, sehn sie Kai: kalt, ein aufgereckter Körper, mitten auf
der Kreuzung - Jochen, Manuela: beide sehn sich an. Dahlem, 13 Uhr 31. Er ist tot, sagt Kai und guckt hilflos, während das Mädchen - ich heiße Corinna, nenn mich Chanel - bedächtig den beinahe braunen Naturschwamm über die Alles ist-echt-du-und-Sonne-Sommersprossenhaut blonder Brüste runter zum Bauch wandern läßt, sie fragt: Wer? »Du warst nicht da?« Kai grinst verwirrt, bückt sich am Waschbecken zum Hahn, gurgelt und spuckt: noch immer Schleim, und sie versinkt sehr langsam im Fichtennadelschaum. Der Schaum schillert müde im Milchglaslicht einer gerippten Scheibe. Habt ihr, fragt Kai, was zu essen? - Es gibt, sagt sie, knapp sechzehneinhalb Jahre alt, bei uns im Kühlschrank nie etwas, das nicht verdorben wäre, dann wird sie unsichtbar. Als sie den lindgrünen Wasserstrahl lässig zwischen der Zahnlücke hindurch, an Kai vorbei, der zaghaft auf dem gesprungenen Wannenrand sitzt, gegen gesprungene Kacheln spritzt - »Delfter, ham meine Eltern aus einer Kirchenspielpogtei nahe bei Brokdorf, Norddeutschland, is aber schon was länger her« -, zuckt Kai zusammen, gefärbte Strähnen! weil sie ihm mit nassen Fingern vorn in die Hose fährt. Laß das! denkt Kai und schüttelt sich, oben das trübe Trippeln der Mutter mit weißem Wein am weichen Mund - kein Bock, sagt Kai und legt die Hand, ein kleines Tier aus Schaumgummi, sorgfältig auf den Wannenrand und denkt, als sie ihn ansieht - »Was hast du heute bloß?« - an ihren Spruch: »die klatschen wir, die Bullen im Rechts-links-Spalier« - die sind, hat sie zu Kai gesagt, genauso wie die Austern, die kleinsten sind die besten, danach hat sie gelacht. Ich kenn mich da, hat Kai gegrient, mit angezognen Lippen sich noch geschämt, bei Austern - nicht so sehr aus, hat er gesagt und sich gedacht: Ich rede, und warum rede ich? »Das macht nix, das macht gar nichts!«, ihr klitzekleines Kichern, ihr klitzekleiner Kuß. So einfach, denkt Kai jetzt, so schwer, ich kann nicht dauernd kichern, denkt Kai, bevor er aufsteht, »bis gleich«, und geht zur Tür. Und als er, kaum später, die Kühlschranktür öffnet, stinkt es im Innern nach fauligem Fisch. Die Mundwinkel fallen ein Stückchen herab. Es gibt Krabben, aber die Krabben werden von sämtlichen Seiten her grün. Es gibt Lachs, aber der Lachs schillert, wie immer - hellrosa Fleisch auf einer Platte aus Weißgold |