geht hervor, daß die Polizei an jenem Abend mit ihrer Taktik die Auseinandersetzung bewußt provoziert hat. Darüber hinaus gab es einen Befehl zur Massenfestnahme.

25. 5. 1987

Postbeschlagnahmung bei den Volkszählungsboykott-lnitiativen, bei der AL und bei der taz in Berlin. Beschlagnahmt wurden dabei neben leeren Volkszählungsbögen auch sämtliche andere Post. Begründung der Staatsanwaltschaft: »Verdacht des Aufrufs zu Straftaten, Unterdrückung von Urkunden.«

26. 5. 1987

Norbert Kubat begeht Selbstmord in U-Haft. Kubat (29) gehörte zu jenen, die nach den Krawallen in Kreuzberg in der Nacht vom 1. zum 2. Mai auf der Straße aufgegriffen wurden. Bei seiner Festnahme war er stark angetrunken. Eine Haftverschonung wurde abgelehnt. Laut Anklage drohte ihm eine Haftstrafe von mindestens 2 Jahren ohne Bewährung. Sein Anwalt bestätigt, daß er »psychisch ziemlich fertig« gewesen sei. Die Polizei hat nach eigenen Angaben keinerlei Auffälligkeiten oder evtl. Suizidabsichten beobachten können.

28. 5. 1987

Trauermarsch für Norbert Kubat. Ca. 1500 Menschen demonstrieren für die Freilassung der Inhaftierten und gegen die unmenschlichen U-Haftbedingungen: Einzelhaft, 23 Stunden Einschluß, Besuch nur alle 14 Tage. Die Demonstration wird von dichtem Polizeispalier begleitet. Am Rande kommt es mehrfach zu Auseinandersetzungen. Drei Personen werden festgenommen. Im Anschluß an die Abschlußkundgebung zogen noch etwa 70 Leute zum Untersuchungsgefängnis in Moabit, wo Kubat Selbstmord begangen hatte. Die Polizei geht mehrfach mit Schlagstöcken gegen die Demonstranten vor.

30. 5. 1987

Aktion gegen die Volkszählung an der Mauer: Die Mauer wird im Bereich Potsdamer Platz und Checkpoint Charlie mit unausgefüllten Volkszählungsbögen »tapeziert«. Die Polizei hat laut Einsatzleitung den Befehl, alle Leute festzunehmen, die Masken tragen. Nach Abschluß der Aktion, die von großem Presseaufgebot begleitet war, kommt es in der Nähe des Springer-Hochhauses zu zwei Festnahmen - die Festgenommenen trugen keine Masken.

1. 6. 1987

Durchsuchung bei Radio 100.Vierstündige Durchsuchungsaktion in den Redaktionsräumen von Radio 100 und Privatwohnungen. Grund der Suchaktion war der am 18. 5. 1987 ausgestrahlte Mitschnitt des Polizeifunks. Die Redaktion ist während der Durchsuchungsaktion von der Außenwelt abgeschnitten, Telefone und Produktionsbetrieb werden blockiert. Die Staatsanwaltschaft erwägt ein rechtliches Vorgehen wegen der Ausstrahlung. Die Deutsche Journalisten Union protestiert gegen die Durchsuchung.

Der Innensenat bestätigt offiziell, daß anläßlich des bevorstehenden Reagan-Besuchs 100 Hundertschaften westdeutscher Polizisten zur Verstärkung nach Berlin kommen werden.

2. 6. 1987

Gedenkveranstaltung zum 20. Todestag von Benno Ohnesorg: Über 2000 Menschen nehmen an der Kundgebung teil. Anschließend formiert sich ein spontaner Demonstrationszug in Richtung Ku-damm. Mehrere Schaufensterscheiben gehen zu Bruch, ein Bauwagen wird umgeworfen. Die Polizei versucht den Zug aufzulösen, hält sich aber - in Anbetracht tausender schaulustiger Touristen - zurück. Trotzdem kommt es zu 6 Festnahmen.

5. 6. 1987
Die ersten Polizeieinheiten aus West-Deutschland treffen in Berlin ein. Die freiwillige Polizeireserve in Berlin wird mobilisiert.


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